WIE ICH ES SEHE

Was kommt 2019 auf uns zu?

von Redaktion

Mit dem Heiligen Dreikönigstag an diesem Wochenende fängt das neue Jahr richtig an. Epiphanias, die Erscheinung des Herrn, ist in der Russisch-Orthodoxen Kirche noch immer das eigentliche Neujahrsfest. Aus dem Jesuskindlein in der Krippe ist Christus geworden, der Weltenherrscher, dem die Könige huldigen. Wenn aber nun die Sternsinger 20-C-M-B-19 an unsere Türen schreiben, dann stehen diese Buchstaben nicht für Caspar, Melchior und Balthasar, sondern für „Christus mansionem benedicat“ – Christus segne dieses Haus.

Im Zeitalter von Donald Trump und Brexit, Protektionismus und Populismus der neuen Rechtsparteien ist es in diesem Jahr noch schwieriger geworden, vorherzusagen, was uns politisch 2019 bevorstehen könnte. Hier gleichwohl ein Versuch:

Wird der Brexit kommen?   Nein. In letzter Minute wird das Vereinigte Königreich sich selber und uns retten vor diesem Akt der Selbstzerstörung. Die konservative Regierungspartei wird sich nicht einigen können auf das, was mit der EU ausgehandelt wurde. Der Austrittszeitpunkt wird verschoben werden und vielleicht gibt es sogar ein zweites Referendum.

Wird Präsident Donald Trump durchhalten bis zur Präsidentenwahl 2020?   Ja. Die demokratische Mehrheit im Repräsentantenhaus wird ein Amtsenthebungsverfahren einleiten, sobald der Untersuchungsbericht von Staatsanwalt Mueller vorliegt. Im Senat allerdings würde dafür eine Zweidrittelmehrheit benötigt, die es nicht geben wird. So bleibt alles beim Alten – bis zur nächsten Präsidentenwahl. Werden 2019 Wahlen Europa verändern ?

Ja. Die Europawahlen im Mai werden die etablierte bisherige Mehrheit von christlichen Demokraten und Sozialdemokraten aufbrechen und damit die langjährige europäische Ordnung infrage stellen. Die Landtagswahlen im Herbst in Sachsen, Brandenburg und Thüringen können die AfD weiter stärken. Einen Durchbruch der Populisten aber wird es nicht geben. Angela Merkel und Emmanuel Macron werden bestimmend bleiben, sich streiten mit Europakritikern wie Orban in Ungarn und Salvini in Italien. Wird sich das Verhältnis Deutschlands zur Trump-Regierung verbessern?

Nein. Es gibt zu viele Konflikte, angefangen mit dem Pariser Klimavertrag (von Trump gekündigt), dem Abkommen mit dem Iran (ebenfalls gekündigt), der russischen Ostsee-Gasleitung (Deutschland trotz Bedenken dafür, USA dagegen). Deutschland erfüllt seine Nato-Verpflichtungen nicht (nur 1 % vom Bruttosozialprodukt für Verteidigungsausgaben anstatt der zugesagten 2 %). Weitere Konflikte werden sich ergeben aus der bevorstehenden Kündigung des Mittelstreckenraketenvertrages, nachdem Russland wieder solche Raketen bis nach Ostpreußen hin aufgestellt hat. Einige in Deutschland werden eine Nachrüstungsdebatte fordern, die Mehrheit der Politiker wird diesen Weg aber nicht mitgehen wollen.

Durch das Jahr wird sich ein alter Konflikt ziehen, der schon seit 1914 eine Rolle gespielt hat: Deutschland ist zu groß im Verhältnis zu den anderen EU-Ländern, aber gleichzeitig wiederum zu klein, um in der Welt wirklich eine Rolle spielen zu können. Das laufende Getöse des amerikanischen Präsidenten hat diesen Grundkonflikt wieder mehr als deutlich gemacht. Oder wie es Sigmar Gabriel einmal ausgedrückt hat: „Er erinnert uns jeden Tag daran, wie schwach wir sind.“

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VON DIRK IPPEN

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