CSU umgarnt die neue CDU-Chefin

von Redaktion

Von der CSU-Klausur in Seeon soll ein Zeichen neuer Geschlossenheit der „Schicksalsgemeinschaft“ von CDU und CSU ausgehen. Doch kann so viel inszenierte Harmonie wirklich gut gehen?

VON RUPPERT MAYR UND MARCO HADEM

Seeon – So viel Umarmung in der Union ist neu. Als Annegret Kramp-Karrenbauer nach langer Anreise durch das oberbayerische Schneegestöber endlich im Kloster Seeon ankommt, wird die neue CDU-Chefin von der CSU-Landesgruppe im Bundestag geradezu gefeiert. Küsschen hier, Küsschen da und dazu Glühwein für die liebe Annegret. Und AKK, wie sie in der Union mit ihren Initialen kurz genannt wird, bleibt über Nacht bis zum Abschluss der Klausur am Samstagnachmittag. Für die CSU-Abgeordneten unterbrach die 56-Jährige ihren Urlaub.

Es ist ungewöhnlich, dass eine CDU-Chefin so lange Gast der CSU ist. Ein klares Signal für eine neue Zeit und eine neue Zusammenarbeit zwischen CDU und CSU. AKK spricht von einem „ganz besonderen Termin“ und auch Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, im Unionszwist noch einer der Hardliner, kommt aus dem Schwärmen kaum heraus. Am Ende beschwört er den „Geist von Seeon“ herbei. Damit hebt er das Treffen auf eine historische Dimension, in Anspielung auf den für die CSU noch immer sagenumwobenen „Geist von Kreuth“ von 1976.

Geschlossenheit ist die Devise vor der Europawahl im Mai und vor den wichtigen Landtagswahlen im Osten – Brandenburg, Thüringen und Sachsen – im Herbst. Und nach den Wahlpleiten von CDU und CSU in den vergangenen Jahren hat die Union das auch nötig. Für Dobrindt ist die Union eine „Schicksalsgemeinschaft“. Doch wie lang kann die inszenierte Harmonie halten? Oder anders gefragt: Was hält sie aus?

Als AKK im Klosterkeller gefeiert wird, ist der andere neue starke Mann in der Union, der designierte CSU-Chef und Ministerpräsident Markus Söder, schon lange wieder weg. Am Samstag feiert er lieber ganz privat seinen 52. Geburtstag. Dass AKK und Söder sich verpassen, hat nichts zu bedeuten, heißt es. Immerhin sei Söder ja auch noch nicht zum Parteichef gewählt worden. Dies steht erst am 19. Januar bei einem CSU-Sonderparteitag an. Da will dann auch Kramp-Karrenbauer zum Gratulieren nach München kommen.

Dennoch pflegen die beiden neuen Unionschefs offensichtlich schon jetzt einen engen Draht. Zum Beginn der Klausur am Donnerstag beeilt sich Söder, klar zu machen, dass er mehrmals mit der neuen CDU-Vorsitzenden und auch mit SPD-Chefin Andrea Nahles telefoniert habe. Ein Hinweis auf die immer wieder beschworene neue Personal-Konstellation in der Großen Koalition mit den drei „Kraftzentren“: Kabinett, Fraktionschefs und Parteivorsitzende. Nur Nahles hat noch eine Doppelfunktion in Partei und Fraktion.

Die Absprachen dürften damit einen Tick schwieriger werden, machte Dobrindt deutlich. Der Koalitionsausschuss wird eine neue Rolle bekommen. Er soll nicht mehr nur bei Krisen einberufen werden. Hier will man künftig auch längerfristig anstehende Themen erörtern. In dem Ausschuss sitzen die Partei- und Fraktionsvorsitzenden. Auch Angela Merkel (CDU) soll ihm weiter angehören, aber eben „nur noch“ als Kanzlerin. Wer wen wie stark in dieser neuen Konstellation beeinflussen kann, wird sich zeigen. Die beiden neuen Parteichefs Kramp-Karrenbauer und Söder scheinen jedenfalls entschlossen, sich nicht die Butter vom Brot nehmen zu lassen.

In der CSU muss nach der Ära Seehofer vor allem das Zusammenspiel zwischen der Münchner Zentrale und den Bundestagsabgeordneten neu justiert werden. Sogar die Fraktion im Landtag verspricht sich in der neuen Konstellation mit einem Parteichef Söder noch mehr Einfluss auf die Ausrichtung der gesamten Partei und damit auch auf die Politik der Landesgruppe im Bundestag.

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