Berlin – Im Fall des hundertfachen Datendiebstahls stehen die Behörden und der Bundesinnenminister massiv in der Kritik – nun hat Horst Seehofer (CSU) umfangreiche Informationen versprochen. Er will sich heute mit den Chefs des Bundeskriminalamts und des Bundesamts für IT-Sicherheit (BSI), Holger Münch und Arne Schönbohm, zusammensetzen. Spätestens Mitte der Woche werde er die Öffentlichkeit informieren, sagte Seehofer der „SZ“. „Die Öffentlichkeit wird alles erfahren, was ich weiß“, sagte Seehofer.
Nach Angaben aus Sicherheitskreisen sind 994 Personen von dem Online-Angriff betroffen. Es sind vor allem Politiker, aber auch Prominente und Journalisten. Etwa 50 Fälle seien schwerwiegender, weil größere Datenpakete wie Privatdaten, Fotos und Korrespondenz veröffentlicht worden seien.
Am Wochenende wuchs die Kritik an der Arbeit des BSI und seines Präsidenten Schönbohm. „Das BSI hat sich nicht mit Ruhm bekleckert“, sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki. „Ein Präsident, der erst erklärt, man wisse seit Anfang Dezember von den Vorgängen, um jetzt zurückzurudern und zu sagen, man wisse es eigentlich erst seit dem 3. Januar, der muss sich fragen lassen, ob er der richtige Mann an dieser Position ist.“
Am Donnerstagabend war bekannt geworden, dass ein Unbekannter über ein Twitter-Konto bereits im Dezember massenhaft Daten und Dokumente im Netz veröffentlicht hatte, darunter Handynummern und private Chat-Protokolle. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sind unter den Betroffenen. Viele von ihnen erfuhren von dem Online-Angriff erst am Freitag aus den Medien.
Dann sorgte das BSI mit seiner Informationspolitik für Irritationen. Schönbohm sagte: „Wir haben schon sehr frühzeitig im Dezember auch schon mit einzelnen Abgeordneten, die hiervon betroffen waren, dementsprechend gesprochen.“ Einen Tag später – am Samstag – gab das BSI allerdings nach heftiger Kritik an, dass die Experten einen Fall von Anfang Dezember sowie vier weitere im Lauf des Jahres 2018 zunächst für Einzelfälle gehalten hatten.
Von einer geplanten oder erfolgten Veröffentlichung der gestohlenen Daten im Zusammenhang mit dem Twitter-Account „G0d“ (@_0rbit) habe man bis zur Nacht auf Freitag „keine Kenntnis“ gehabt. Auch Seehofer weiß nach eigenen Angaben seit Freitagmorgen von den Veröffentlichungen. Viele Abgeordnete reagierten verärgert.
Derweil laufen die Ermittlungen zum Datenklau nach Angaben eines Sprechers der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt „mit Hochdruck“. Aus ermittlungstaktischen Gründen würden derzeit aber keine weiteren Angaben zu dem Verfahren gemacht, dass die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft zusammen mit dem Bundeskriminalamt führt. TERESA DAPP