Dass Habeck nicht mehr twittert, dass Seehofer endlich twittert, all das ist ein Aufreger – in der Politikblase, und nur dort. Die Realität der sozialen Netzwerke ist, dass in ihnen nicht die Breite der deutschen Wählerschaft diskutiert, sondern nur Teilöffentlichkeiten. Nur „Politiker, Journalisten, Psychopathen“ tummelten sich auf Twitter, lästerte die netzaffine CSU-Ministerin Dorothee Bär mal. Freundlicher gesagt: Wer hier das Wort ergreift, muss einplanen, auf Eiferer und Geiferer zu treffen.
Auch in diesen Zirkeln zu argumentieren lohnt; und bereichert sogar manch trübe Echokammer im Internet. Über soziale Netzwerke, etwa Youtube und Instagram, finden Politiker theoretisch Zielgruppen, die kein Wahlprogramm, keine Bürgerversammlung erreichen würde: Junge, Nichtwähler, Politik-Ferne. Der Preis dafür ist, komplexe Inhalte drastisch zu verknappen, Persönliches herauszugeben und sich einem Pannenrisiko auszusetzen. Das liegt nicht jedem. Muss auch nicht.
Twitter & Co. sind ein Kanal von vielen, sie ändern und beschleunigen Abläufe – revolutionieren die Kommunikation mit dem Wähler aber bisher nicht. Es ist eben nicht so, dass jeder Bürger jenseits der Medien mit „seinen“ Politikern digitalen Dialog pflegt. Modernste Wahlkämpfe finden sogar mehr denn je analog statt: an der Haustüre, im Bierzelt und am zugigen Infostand.
Christian.Deutschlaender@ovb.net