Finanzminister warnt: Wir müssen die Ausgaben strecken

von Redaktion

Heikle Haushaltsberatungen in Bayern – Mehrausgaben in Milliardenhöhe für Söders neue Familien-Leistungen

München – Die Damen und Herren der Staatsregierung hatten in St. Quirin mitunter vergnügliche Stunden. Mehrere Minister sprangen in Sitzungspausen der jährlichen Klausur sogar mal in den Tegernsee. In diesem Jahr ist mit solcher Geselligkeit eher nicht zu rechnen: Erstens ist das Treffen schon Ende Januar, es wäre ungemütlich kalt im See. Zweitens droht die Stimmung im Kabinett etwas angespannt zu sein. Es gibt Ärger ums Geld.

Hinter verschlossenen Türen müssen die Minister in zwei Wochen einen Kompromiss finden, welche Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag sofort und welche erst bis 2023 umgesetzt werden. Ein Kassensturz legt nahe, dass trotz sprudelnder Steuereinnahmen nicht auf einen Schlag bezahlbar ist, was Ministerpräsident Markus Söder und seine Koalition versprochen haben. „Wir müssen priorisieren“, wird Finanzminister Albert Füracker (CSU) aus einer internen Runde zitiert. Im Koalitionsvertrag stehe „jedes Projekt unter Haushaltsvorbehalt“.

Im Kabinett geht es kontrovers zur Sache. Minister berichten von „intensiven“ Gesprächen mit dem Kollegen Füracker. Ein Teil davon zählt zum Ritual, das vor allem alle zwei Jahre für die Doppelhaushalte des Staates zelebriert wird: Die Minister fordern überzogene Mehrausgaben und Stellenaufwuchs für ihr Ressort, der Finanzminister weist das entrüstet zurück, der Ministerpräsident vermittelt. Diesmal rummst es allerdings recht laut. „Die haben sich offenbar völlig verkalkuliert“, zitiert die „Augsburger Allgemeine“ ein namentlich ungenanntes Kabinettsmitglied. Es klaffe eine hohe Lücke zwischen Versprechen und Wirklichkeit.

Gut 60 Milliarden Euro gibt der Freistaat im Jahr aus. Das klappt bisher ohne neue Schulden, sogar mit 500 Millionen Tilgung. Die neuen Sozialleistungen (Familiengeld, Landespflegegeld, kostenfreie Kindergartenjahre) summieren sich auf rund 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Hinzu kommen bereits fest versprochene 5000 Lehrer- und 2500 Polizistenstellen bis 2023.

Von diesen Zusagen kann sich kein Finanzminister zurückziehen; Söder ließ Pflege- und Familiengeld ja demonstrativ schon vor der Landtagswahl im Oktober auszahlen. Verschoben werden könnten aber Bauten und Investitionen. „Der Koalitionsvertrag ist auf fünf Jahre ausgelegt“, sagt der Chef des einflussreichen Haushaltsausschusses im Landtag, Josef Zellmeier (CSU): „Das heißt nicht, dass alles im ersten Jahr umsetzbar sein muss.“ Er mahnt die Minister, es auch bei neuen Stellen nicht zu übertreiben.

In Teilen der Regierung heißt es, dass Söders Staatskanzlei bei den eigenen Stellen für die Verwaltung seit März 2018 eher nicht zurückhaltend gewesen sei. Kein gutes Vorbild? Das Finanzministerium weicht expliziten Nachfragen dazu beharrlich aus. Söder lässt ausrichten, der Haushalt werde solide und schuldenfrei. Absehbar ist aber: Die von Horst Seehofer eingeführte und selbst von ihm oft missachtete Grundregel, die Ausgaben dürfe jedes Jahr nur um drei Prozent wachsen, wird auch 2019 übergangen.

Die Zeit drängt nun. Bis zur Klausur des Kabinetts in Quirin hat Finanzminister Füracker nur wenig Zeit. Die Opposition greift Söder massiv an. „Er fährt Bayerns Finanzen an die Wand, der Regierung geht das Geld aus“, schimpft FDP-Fraktionschef Martin Hagen. Schon bei den letzten zwei Nachtragshaushalten habe die CSU „trotz Rekordsteuereinnahmen die Rücklagen angetastet“. Über den „Landesvater in dicken Spendierhosen“ spotten die Grünen.   C. DEUTSCHLÄNDER

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