München – Schnee, Schnee, Schnee. Seit Tagen kommt die weiße Pracht von oben. Über den extremen Wintereinbruch sprachen wir mit Meteorologie-Professor Dr. Peter Höppe von der Ludwig-Maximilians-Universität in München, ehemaliger Leiter Geo-Risikoforschung der Münchener Rück.
Wie außergewöhnlich ist es denn, dass so viel Schnee auf einmal fällt?
Tagelanger Schneefall ist zunächst kein allzu seltenes Ereignis. Außergewöhnlich sind die großen Mengen des vor allem sehr schweren Schnees an manchen Orten im Voralpengebiet. Diese resultieren aus den relativ milden Temperaturen rund um die null Grad. Es gab öfters Winter mit sehr viel Schnee, aber meist mit sehr viel kälteren Temperaturen. Da war der Schnee dann etwas leichter und hat nicht so viele Probleme verursacht.
Sind wir so viel Schnee einfach nicht mehr gewöhnt?
Wir haben eine Reihe von sehr milden Wintern erlebt, deshalb ist es ungewohnt für uns. Aber 2006 zum Beispiel gab es eine ähnliche Situation mit extrem viel Schnee in Bayern und Österreich. Damals gab es große Schäden, unter anderem ist das Dach der Eishalle in Bad Reichenhall aufgrund des hohen Schneedrucks eingestürzt.
Wo kommt der Schnee in diesen Massen denn her?
Momentan strömt sehr feuchte Luft vom Nordatlantik zu uns, die relativ warm, aber kalt genug ist, dass der Niederschlag als Schnee fällt. Weil sich die Wetterlage schon über einen längeren Zeitraum hält, handelt es sich um eine sogenannte persistente Wetterlage. Diese persistenten Wetterlagen wurden in den vergangenen Jahren sehr häufig beobachtet und werden in Zusammenhang mit dem Klimawandel gebracht.
Viel Schnee und Klimawandel sind also kein Widerspruch?
Nein. Durch den Klimawandel wird der sogenannte Jetstream gestört, ein Starkwindband, das entscheidet, wo Hochs und Tiefs liegen und wie schnell sie sich vorwärts bewegen. Angetrieben wird er von den Temperaturunterschieden zwischen den subtropischen und den polaren Bereichen. Durch das Abschmelzen der Eisbedeckung in den polaren Gebieten erwärmen sich diese schneller als der Rest, der Temperaturunterschied wird geringer und damit der Antrieb des Jetstreams. Er wird instabiler und die Ausbuchtungen bewegen sich langsamer. Es kommt häufiger zu solchen Ausbuchtungen, wo sich Tiefs oder Hochs festsetzen, Wetterlagen halten länger an. Stellt sich im Winter Frost ein, kann es also sein, dass er länger bleibt. Ist die Luft feucht, schneit es über Tage.
Aber so etwas gab es früher auch schon mal?
Natürlich gab es das früher auch mal, dass große Mengen schwerer Schnee herunterkamen. Häufig geschah dies aber erst eher gegen Ende des Winters im Februar oder März. Für Januar ist es momentan sehr mild. Wäre es kälter, mit Luft aus Nordosten und mit Temperaturen von minus 10 Grad, würde es nicht so viel schneien. Die Luft wäre viel trockener, die Schneekristallstrukturen wären wesentlich feiner. Mehr Schnee kann also schon auch direkt etwas mit dem Klimawandel zu tun haben.
Können wir denn hoffen, dass der Schnee liegen bleibt und wir stabiles Winterwetter bekommen?
Danach sieht es nicht aus, am Wochenende steigen die Temperaturen wieder.
Was passiert, wenn es wärmer wird?
Durch das Abschmelzen dieser enormen Schneemassen besteht ein großes Überschwemmungspotenzial. Auch die Lawinengefahr nimmt zu, wenn sich die Schneestruktur noch einmal verändert.
Interview: Aglaja Adam