„Wenn das Vaterland ruft, tut man seine Pflicht“

von Redaktion

München – Manche schätzen ihn als Ost-Erklärer, anderen gilt er als Pegida- und AfD-Versteher. Der Dresdner Politologe Werner Patzelt, 65, ist umstritten. Nun hat ihn die Sachsen-CDU angeheuert: Er soll ein Programm für die Landtagswahl schreiben – und so AfD-Wähler zurückholen.

Herr Patzelt, die AfD unkt, selbst Sie könnten die CDU in Sachsen nicht retten…

Da übertreibt die AfD die mir zugeschriebene Bedeutung. Aber ich meine schon, einen Beitrag dafür leisten zu können, dass die AfD die Union nicht länger erfolgreich jagt.

Wie soll das gelingen?

Die CDU begreift und gesteht ein, welche Fehler sie gemacht hat. Sie stellt diese Fehler ab. Und sie macht glaubhaft, dass sie eine bessere Politik und besseres Personal anbietet als die AfD.

Mit „Fehler“ meinen Sie die Migrationspolitik?

Auch. Sie ist zwar in bundespolitischer Zuständigkeit, die AfD ist aber auch in Sachsen durch dieses Thema groß geworden. Der Wechsel an der CDU-Spitze hat uns endlich Rückenwind verschafft, denn die neue Chefin scheint neue Akzente zu setzen.

Das klingt nach Migrations-Wahlkampf…

Die sächsische CDU wird immer wieder darauf hinweisen, dass die groben Fehler von 2015/16 korrigiert werden, die Migrationspolitik aber Sache des Bundes und deshalb kein taugliches Thema für den Landtagswahlkampf ist. Da haben wir andere Baustellen: zu wenige Lehrer sowie Polizisten, und der ländliche Raum wurde vernachlässigt.

Sie haben Ihre Partei oft und heftig kritisiert. Da wundert es schon, dass gerade Sie das Wahlprogramm schreiben sollen.

Nein! Vielmehr hat man in der CDU begriffen, wie berechtigt meine Kritik gewesen ist. Auch wird das Programm nicht von oben herab diktiert, sondern auch im Gespräch mit vielen Bürgern entstehen.

Ministerpräsident Kretschmer geht seit Monaten an die Basis und redet mit Bürgern, trotzdem steht die AfD derzeit bei 25 Prozent. Kann die CDU diese Leute noch erreichen?

Viele haben sich abgewandt, weil sie von der CDU enttäuscht sind. Das ist so, wie wenn man seinen Partner betrogen hat. Dann kann man zwar neues Vertrauen erbitten; doch das stellt sich schwer ein. Also muss man geduldig um die Enttäuschten werben. Tatsächlich sind die meisten AfD-Wähler keine Anti-Demokraten, sondern rächen sich einfach an der CDU. Gar nicht erreichbar sind nur die Rechtsradikalen.

Wie groß ist denn der Anteil derer, die die etablierten Parteien zurückholen können?

Das muss man ausprobieren. In Sachsen wie anderswo hat die AfD vor allem aus den Lagern der Nichtwähler und der CDU gewonnen, gar nicht wenig aber auch von SPD und Linken. Ihre Wähler sind enttäuschte und empörte Bürger, keineswegs aber allesamt Demokratiefeinde. Also gibt es eine gewisse Chance, etliche wiederzugewinnen.

Manche glauben, Sie verstünden die AfD ein wenig zu gut. Sind Sie der Türöffner für eine CDU-AfD-Koalition in Sachsen?

Wer so etwas behauptet, hat nicht verstanden, was ich seit dem Aufkommen der AfD schreibe und sage.

So ein Bündnis wird es also nicht geben?

Die AfD ist der Hauptgegner der CDU. Den bekommt man nicht klein, indem man ihn zum Partner erklärt.

Sie werden im März emeritiert. Wäre ein politisches Amt interessant für Sie?

Wenn das Vaterland ruft, tut man seine Pflicht.

Interview: Marcus Mäckler

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