Trumps Kehrtwende in der Türkei

von Redaktion

Erst droht US-Präsident Trump wegen der Kurdenfrage mit „wirtschaftlicher Zerstörung“ – Jetzt ist alles ganz anders

München – Die Halbwertszeit der Drohungen von Donald Trump ist gelegentlich erstaunlich kurz. Im Ringen um eine Lösung für Nordsyrien nach dem Abzug der US-Truppen diskutieren die Türkei und die USA plötzlich die Einrichtung einer „Sicherheitszone“ entlang der syrisch-türkischen Grenze. Trump habe die Idee während eines Telefonats in der Nacht wieder aufgebracht, sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. „Wenn die Koalitionskräfte, allen voran Amerika, uns logistisch und finanziell unterstützen, können wir so eine Sicherheitszone umsetzen.“

Das Telefonat zwischen Erdogan und Trump folgte auf eine öffentlich via Twitter ausgetragene Eskalation des Streits zwischen Washington und Ankara über die geplante türkische Offensive und sollte offenbar den Schaden begrenzen. Trump hatte in der Nacht auf Montag der Türkei mit „wirtschaftlicher Zerstörung“ gedroht, sollte sie die kurdischen Verbündeten der USA angreifen. Nach dem Telefonat vollzog er – wieder via Twitter – eine Kehrtwende: Man habe auch über die wirtschaftliche Entwicklung beider Länder gesprochen, schrieb er – „großes Potenzial für einen deutlichen Ausbau!“

Trump hatte die Zone vor zwei Tagen in einem Tweet erwähnt, ohne aber näher auf die Idee einzugehen. Erdogan zufolge soll die Zone rund 30 Kilometer tief sein. Wo sie beginnen und enden soll, blieb offen.

Erdogan-Sprecher Ibrahim Kalin sagte am Abend nach einer Kabinettssitzung, dass Erdogan so eine Zone schon seit vier Jahren fordere. Jetzt habe erstmals ein amerikanischer Präsident signalisiert, dass das umsetzbar sei. „Das ist erfreulich.“ Er zog einen Vergleich mit der von türkischen Truppen und ihren syrischen Verbündeten kontrollierten Zone westlich des Euphrat. Ein ähnliches Modell könne in Manbidsch und im Osten des Euphrats umgesetzt werden.

Wer in so einer Zone aus türkischer Sicht leben dürfte, blieb unklar. Allerdings liegen mit Kobane, Amudah und Kamischli wichtige Städte der syrischen Kurden direkt an der Grenze zur Türkei. Es ist fraglich, ob die Kurdenmiliz YPG einer solchen wahrscheinlich weitgehend entmilitarisierten Zone zustimmen und sich aus ihr zurückziehen würde.

US-Außenminister Mike Pompeo hatte am Montag gesagt, aus US-Sicht gebe es zwei Ziele: Man wolle sicherstellen, dass die Türkei nicht von „Terroristen“ aus Syrien angegriffen werden könne. Und: Sicherheit für die kurdische Miliz YPG, die den USA im Kampf gegen die Terrormiliz IS geholfen habe.

Der Umgang mit den mit den USA verbündeten kurdischen Kämpfern ist der größte Streitpunkt zwischen den USA und der Türkei in Syrien. Die Türkei plant eine Offensive gegen die YPG-Miliz. Am 23. Januar will sich Erdogan zum Thema Syrien auch mit Kreml-Chef Putin treffen.

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