Bad Staffelstein – Im Refektorium des Klosters Banz hängt ein Kronleuchter von der üppigen Stuckdecke, Edelleute in Öl prangen an den Wänden. Es wäre ein Ort für salbungsvolle Worte. Hier tritt CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer alle paar Stunden vor die Kameras und vermeldet, wie die Klausur voranschreitet. Wenig salbungsvoll, eher ein kurzer Schnitt mit dem Degen, sind indes Kreuzers Worte, mit denen er einen Gast aus Berlin ankündigt.
Er rechne mit einem „konstruktiven, teilweise kritischen Dialog“ mit Verkehrsminister Andreas Scheuer, sagt Kreuzer. Wenn der Gastgeber einen „teilweise kritischen“ Umgang ankündigt, darf man frei übersetzen: Es droht eine ruppige Auseinandersetzung. Tatsächlich trifft Scheuer, ein CSU-Minister, am Mittwochabend im Kloster auf recht grantige Parteifreunde aus dem Landtag.
Scheuer muss sich in Banz für den schleppenden Fortgang der Diesel-Debatte rechtfertigen. Viele Abgeordnete sind unzufrieden, dass die Bundesregierung die Angst vor Fahrverboten nicht in den Griff bekommt. Der Minister wehrte sich lange gegen Hardware-Nachrüstungen für Diesel, orakelte dann über Kosten, die auf Autobesitzer zukommen könnten. Im nächsten Schritt zog der Niederbayer Zorn auf sich, als er Regeln für ein Kennzeichen-Scanning durch Kommunen vorlegte, um Diesel-Fahrverbote digital kontrollieren zu können. Über „anlasslose Massen-Überwachung“ wetterten Parteifreunde. Scheuer kassierte die Vorlage wieder ein.
Intern machte diese Woche auch der designierte Parteichef Markus Söder deutlich, dass er mit dem Verkehrsminister unzufrieden ist. „Deutschland ist das einzige Land der Welt, das seine eigene Kern-Industrie täglich schädigt“, sagte er unserer Zeitung; das betraf die Industriepolitik, aber auch die „leidige Diesel-Debatte“.
In Banz ist Scheuer von Beginn an in der Defensive. Die Hauptverantwortung weist er den Herstellern zu. „In meinem Ministerium wird im Keller kein Auto zusammengebaut.“ Er kritisiert, man diskutiere „zu oft über Fehler, Manipulation, Betrug und zu wenig über Perspektiven“, etwa über neue Antriebe. Intern beklagt er offenbar eine überzogene Diesel-Debatte – „so deutsch masochistisch“ sei bei den Standorten der Messungen mit dem Thema umgegangen worden.
Reihenweise melden sich Abgeordnete, kritisieren auch Scheuers Kommunikation. Die Debatte dauere viel zu lange, heißt es da. Man müsse die EU-Grenzwerte hinterfragen. Die CSU solle sich mehr fürs Eigentum (der Dieselfahrer) einsetzen.
Die Aussprache endet zwar versöhnlich. Die Hakelei mit Scheuer fällt in Banz aber besonders auf, weil die Landtags-CSU sonst voll auf Harmonie setzt. Alle Gäste, auch Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus von der CDU, betonen das neue Miteinander. Ein potenzieller Störenfried blieb eh fern: Noch-Parteichef Horst Seehofer war nicht eingeladen, zur Fraktion zu sprechen – ein wohl historisch einmaliger Vorgang. Das Angebot, dann einfach so zum Abendessen vorbeizukommen, wies Seehofer zurück, leider keine Zeit.
Er meldet sich statt dessen aus der Ferne zu Wort. In einem Interview, diesmal mit der „Augsburger Allgemeinen“, setzt er ein paar Nadelstiche gegen Söder. Dessen Ruf nach einem „Neustart in der Großen Koalition“ weist Seehofer kühl zurück. „Ein Neuanfang kann sich ja allenfalls auf Stilfragen beziehen, denn inhaltlich arbeiten wir voll an der Realisierung des Koalitionsvertrages.“ Für die Europawahl im Mai legt er die Messlatte für Söder auf 40 Prozent. C. DEUTSCHLÄNDER