Ein Präsident im Treibsand

von Redaktion

Halbzeit für den umstrittensten Politiker der Welt. Zwei Jahre nach seiner Amtseinführung sieht sich Donald Trump politischen und juristischen Bedrohungen ausgesetzt.

VON FRIEDEMANN DIEDERICHS

Washington – Der 20. Januar 2017 war ein eiskalter Tag in Washington und viele Ehrengäste auf den Tribünen vor dem Kapitol bemühten sich fröstelnd um freundliche Mienen: Während Donald Trump den Präsidenten-Eid ablegte, rangen sich selbst Wahlverliererin Hillary Clinton und Familie Obama ein Lächeln ab. Das verging aber, als Trump zu reden begann: Keine versöhnlichen Worte an die politisch gespaltene Nation. Stattdessen in 16 von Verbitterung geprägten Minuten das neue Leitmotiv: „America first“. „Das amerikanische Blutbad“ müsse enden. Trump zeichnete das Bild einer am Boden liegenden Nation: Armut und Elend in den Innenstädten – „überall Gangs und Drogen“.

Es war eine düstere Ansprache, in der sich Trump als Heilsbringer präsentierte, der auch „den Sumpf“ in Washington trockenlegen werde. Doch am Sonntag, zur Halbzeit der Amtszeit, mehren sich die Indizien, dass der 72-Jährige selbst in einem treibsandartigen Abwärtstrend feststeckt. Trumps Zustimmungsrate beträgt laut einer Gallup-Umfrage noch 37 Prozent – was ihm, so das Institut, geringe Chancen auf eine Wiederwahl 2020 gebe.

Das Rennen um eine zweite Amtszeit scheint weit entfernt. Zu akut sind aktuelle Probleme. Trump ist der erste US-Präsident, bei dem die Führung des FBI den Verdacht hegte, er könne entweder als Agent für Moskau arbeiten oder vom Kreml ausgenutzt werden. In Kürze wird Sonderermittler Robert Mueller seinen Bericht vorlegen, in dem es um brisante Fragen geht: Haben Trump und Mitarbeiter seiner Kampagne mit den Russen zum Nachteil Clintons konspiriert? Hat Trump die Justiz bei der Aufklärung behindert?

Die Antworten könnten zu jenem Amtsenthebungs-Verfahren führen, von dem manche Demokraten träumen. Womöglich auch zu einem Rücktritt. Linksliberale Aktivisten erlaubten sich diese Woche, einen Vorgeschmack darauf zu geben. Sie verteilten in der Hauptstadt Tausende gefälschte Ausgaben der „Washington Post“, Schlagzeile: Trumps ist zurückgetreten. Viele Leser erkannten die „fake news“ erst, als sie online mehr lesen wollten.

Doch wie weit war die Aktion von der Realität entfernt? Mindestens 16 enge Trump-Mitarbeiter hatten laut Ermittlungen enge Kontakte mit Vertretern Moskaus während des Wahlkampfs und der Übergangsphase, darunter der Ex-Kampagnenchef, der Ex-Sicherheitsberater, ein Ex-Rechtsanwalt. Ein Teil wurde angeklagt.

Das Verhältnis zwischen Präsident und Opposition hat einen bislang kaum vorstellbaren Tiefstand erreicht. Welcher Vorgänger hätte – wie Trump am Donnerstag – einer Kongressdelegation mit führenden Demokraten das Regierungsflugzeug storniert und so in letzter Minute eine Reise zur Nato, nach Ägypten und Afghanistan verhindert? Vorher hatte die Demokratin Nancy Pelosi ihm geraten, angesichts des „Shutdown“ die Rede zur Lage der Nation zu verschieben. Das Gallup-Institut spricht von einer „rekordartigen politischen Polarisierung“ im Land. Demokraten verzeichneten bei den Zwischenwahlen im November starken Aufwind, gewannen die Mehrheit im Repräsentantenhaus und können Trump nun mit Untersuchungsausschüssen piesacken.

Das ergibt das Bild eines Präsidenten, der mit dem Rücken zur Wand steht und dessen Twitter-Tiraden für ihn vermutlich das einzige Ventil sind. 73 Prozent seiner Top-Mitarbeiter warfen in den ersten zwei Jahren das Handtuch oder wurden entlassen.

Eigentlich muss es als Wunder erscheinen, dass Trump trotzdem – aus konservativer Sicht – einige Erfolge verkaufen kann. Da ist die Berufung der beiden Richter Neil Gorsuch und Brett Kavanaugh auf Lebenszeit an den Obersten Gerichtshof. Personalien, die die US-Politik auf Jahrzehnte mitprägen werden. Auch die Senkung der Unternehmenssteuern im Dezember 2017 zählt dazu.

Einer der dunkelsten Punkte auf der Agenda war die Trennung von Migranten-Familien. Den versprochenen Mauerbau an der Grenze zu Mexiko, Auslöser des gegenwärtigen „Shutdown“, hat Trump ebenso wenig realisieren können wie die Auflösung der Gesundheitsreform „Obamacare“. Letzteres lag vor allem an der Rebellion eines Teils der Republikaner.

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