London – Am heutigen Montag muss die britische Premierministerin Theresa May dem Parlament in London eine Erklärung über einen „Plan B“ für das abgelehnte Brexit-Abkommen vorlegen. Doch dass die Regierung dabei einen konkreten Vorschlag macht, wie der Deal eine Mehrheit im Parlament bekommen könnte, ist nicht zu erwarten. Im besten Fall ist mit einem Fahrplan für die Konsensfindung zu rechnen. Am Ende dieses Prozesses müssten dann möglicherweise Nachverhandlungen mit Brüssel stehen. Erst dann könnte erneut über den Deal abgestimmt werden.
Offiziell will May mit der Opposition und Rebellen in der eigenen Partei bei Gesprächen einen Konsens suchen. Doch es gibt Zweifel daran, ob sie das wirklich ernst meint. Oppositionschef Jeremy Corbyn von der Labour-Partei will erst gar nicht daran teilnehmen, solange May einen Brexit ohne Abkommen nicht vom Tisch nimmt.
Bislang sieht es nicht danach aus, als würde May von ihren roten Linien abweichen. Nur die Brexit-Hardliner in der Tory-Partei zeigten sich zufrieden mit den Gesprächen – sie wünschen nichts sehnlicher herbei als einen chaotischen EU-Austritt. Eine Mehrheit der Abgeordneten will dagegen den „No Deal“ unbedingt verhindern. Beobachter glauben deshalb, dass May noch immer auf Zeit spielt und hofft, dass ausreichend Abgeordnete ihrem Deal doch noch zustimmen werden, wenn das Land nur nahe genug an den Abgrund rückt.
Ein großer Teil der Opposition wünscht sich dagegen eine engere Anbindung an die EU als bisher vorgesehen. Die Mitgliedschaft in der Europäischen Zollunion und möglicherweise auch im Binnenmarkt dürfte daher auf den Tisch kommen. Auch die Idee, die Entscheidung über den Brexit-Deal dem Volk vorzulegen, hat ihre Anhänger im Unterhaus. Für ein zweites Referendum wäre aber eine Verschiebung des Austrittsdatums am 29. März notwendig.
Bislang sieht es nicht danach aus, als würde es eine Mehrheit für irgendeinen alternativen Plan geben. Daher spricht vieles dafür, dass Großbritannien den Austritt noch einmal verschieben muss, um Zeit zu gewinnen. Dafür wäre aber die Kooperation der Regierung notwendig. Sollte sich herausstellen, dass May tatsächlich auf Zeit spielt, gäbe es auch die Möglichkeit, dass das Parlament die Kontrolle über den Prozess an sich reißt. Pläne dazu gibt es bereits: Eine parteiübergreifende Gruppe unter der Federführung der Labour-Abgeordneten Yvette Cooper und des Konservativen Nick Boles will einen Änderungsantrag für weitere Verhandlungen mit der EU einbringen, sollte das Parlament Mays neuen Vorschlag am 29. Januar ablehnen.
In der Downing Street 10, Mays Amtssitz, ist man über die Pläne der Anti-Brexit-Rebellen wenig erfreut. „Jeglicher Versuch, der Regierung die Macht zu entziehen, zu diesem historisch bedeutenden Zeitpunkt die rechtlichen Bedingungen für einen geordneten Austritt zu erfüllen, ist in höchstem Maße Besorgnis erregend“, zitierte die BBC am Sonntag aus Regierungskreisen. Es bestehe die Gefahr, dass das Parlament einen Brexit stoppen könnte.