Paris – Gut zwei Monate nach Beginn der Massenproteste Hunderttausender in Frankreich wollen einige „Gelbwesten“ den Sprung ins Europaparlament wagen. Mit einer eigenen Liste wollen sie bei der Europawahl im Mai antreten – angeführt von der bekannten „Gelbweste“ Ingrid Levavasseur, einer 31-jährigen Krankenpflegerin aus Nordfrankreich.
„Wir wollen nicht mehr den Entscheidungen der europäischen Behörden, den Diktaten der Finanzkaste und Technokraten unterworfen sein, die das Wesentliche vergessen haben: Menschen, Solidarität und den Planeten“, heißt es in einer Mitteilung. Die aktuelle Liste bestehe aus zehn Namen, bis Mitte Februar sollen noch 69 weitere hinzukommen.
Darüber, dass die „Gelbwesten“ bei der Europawahl antreten könnten, wird in Frankreich schon länger spekuliert. Die Bewegung, die in sozialen Netzwerken entstand, ist jedoch zersplittert und hat keinen Anführer. Die Krankenpflegerin Levavas- seur engagierte sich von Anfang an in ihrer Region bei den Protesten – schnell wurde in Frankreich das Fernsehen auf sie aufmerksam. Der Sender BFMTV bot ihr eine Position als Kommentatorin in einer Sendung an – die 31-Jährige lehnte schließlich ab, weil sie nach eigenen Angaben massiv bedroht wurde.
Innerhalb der „Gelbwesten“ gehört Levavasseur eher zum gemäßigten Flügel der Bewegung. Kritiker werfen ihr nun vor, ihre Anhänger zu verraten. Die Europawahlen seien Teil des Systems, das die „Gelbwesten“ eigentlich bekämpfen wollten.
Regierungssprecher Benjamin Griveaux begrüßte den Vorstoß der „Gelbwesten“. Er sei froh, dass die Bewegung nun mit konkreten Vorschlägen antreten wolle. Auch die Rechtspopulistin Marine Le Pen erklärte, dass sie und ihre Partei vor der politischen Konkurrenz keine Angst hätten. Beobachtern zufolge würde eine „Gelbwesten“-Liste aber vor allen die Rechten Stimmen kosten.