Mission Pendeldiplomatie

von Redaktion

Deutschlands Außenminister versucht, im Streit um den INF-Vertrag zwischen Washington und Moskau zu vermitteln

Washington – Heiko Maas wirkt etwas verloren, wie er da alleine vor dem State Department steht und Fragen deutscher Journalisten beantwortet. Sein US-Kollege Mike Pompeo wollte nicht mit vor die Presse. Zum „neuen Miteinander“, das Maas vor seinem Abflug nach Washington beschwor, passt das nicht.

Der Bundesaußenminister muss also alleine für eine „Positiv-Agenda“ in den schwer angeschlagenen deutsch-amerikanischen Beziehungen werben und eine „sehr grundsätzliche Übereinstimmung“ hervorheben. Er ist aber vor allem wegen eines Themas nach Washington gekommen, bei dem sich die Übereinstimmung in engen Grenzen hält. Das mehr als 30 Jahre alte INF-Abkommen zwischen Russland und den USA über das Verbot bodengestützter atomarer Mittelstreckenraketen steht auf der Kippe. Und es bleibt kaum noch Zeit, es zu retten.

US-Präsident Trump will das Abkommen aufkündigen, wenn Russland sich bis zum 2. Februar nicht zur Vernichtung seiner neuen Raketen vom Typ 9M729 bereit erklärt. Die Nato ist sich zwar einig, dass Moskau mit den Waffen gegen das Abkommen verstößt. Über die knallharten Konsequenzen, die Trump ziehen will, gibt es dagegen keinen Konsens.

Verboten sind Raketen mit einer Reichweite zwischen 500 und 5500 Kilometern. Russland behauptet, seine Mittelstreckenraketen könnten Ziele in höchstens 480 Kilometer Entfernung treffen, und lädt die Amerikaner dazu ein, sich die Flugkörper anzuschauen. Die haben prompt abgelehnt. Auch Maas fordert Moskau in Washington auf, eine umfassende Untersuchung der Raketen zuzulassen. „Sich lediglich eine Rakete anzuschauen, wird nicht genügen.“

Schon am Freitag war er in Moskau, um mit seinem Counterpart Sergej Lawrow über den INF-Vertrag zu sprechen. Kurz danach wurde die Washington-Reise angekündigt. Pendeldiplomatie nennt man solche Vermittlungsversuche. Dass es sich in diesem Fall wahrscheinlich um eine Mission ohne echte Erfolgsaussichten handelt, ist auch Maas bewusst.

Aber nichts tun ist auch keine Lösung. Schon jetzt geht es um die Frage: Was wird ohne den INF-Vertrag? Beginnt mit dem 2. Februar wieder ein Wettrüsten zwischen den USA und Russland wie im Kalten Krieg? Werden dann wieder Mittelstreckenraketen in Europa stationiert wie in den 80er Jahren? Das werde auf Widerstand in Deutschland treffen, sagte Maas schon im Dezember. Im März will er eine Konferenz zur Rüstungskontrolle veranstalten.

Bei der nur vierstündigen Stippvisite in Washington geht es aber auch noch um etwas anderes, um etwas Grundsätzlicheres. Sie hat sehr viel mit dem eigentlichen Anlass seiner USA-Reise zu tun. Mit dem Zug reist der Außenminister noch am Mittwochabend nach New York weiter, wo er am Freitag seinen ersten Auftritt als Mitglied des UN-Sicherheitsrats hat. Deutschland gehört dem wichtigsten UN-Gremium seit Januar für zwei Jahre an.

Für die Bundesregierung ist das auch eine Bewährungsprobe: Kann sie dem oft formulierten Anspruch einer größeren Verantwortung in der Welt gerecht werden? Maas versucht es. Die Pendeldiplomatie zwischen Moskau und Washington ist nur ein Beispiel. MICHAEL FISCHER

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