Gmund – Am Ende geht es schneller als gedacht. In unter acht Stunden zurrt die schwarz-orange Koalition bei ihrer Klausur am Tegernsee den Doppelhaushalt 2019/ 2020 fest. Trotz einer langen Liste teurer Wahlversprechen, trotz vieler Kabinettsmitglieder, die noch nie einen Haushalt aufgestellt haben, und trotz sich eintrübender Wirtschaftsaussichten. Möglich sind Harmonie und Großzügigkeit, weil Bayern sechs Milliarden Euro Rücklagen hat. So kann zumindest kurzzeitig und ohne neue Schulden mehr Geld ausgegeben werden, als eingenommen wird.
Von „Halt und Orientierung“ spricht Ministerpräsident Markus Söder und lobt das Zahlenwerk seines Finanzministers Albert Füracker. Der Etat wächst auf 124,7 Milliarden Euro. Im Schnitt ist es ein Plus von 4,5 Prozent. Damit wird die Absichtserklärung der Staatsregierung, den Zuwachs auf maximal drei Prozent zu begrenzen, klar gerissen. Für Söder kein Grund zur Kritik, denn die seit 2015 geltende Drei-Prozent-Vorgabe stamme aus einer Zeit, in der Kostenfaktoren wie Asyl und Klimaschutz nicht absehbar gewesen seien. Allerdings: 2016, nach dem rasanten Anstieg der Staatsausgaben, hatte die CSU-Spitze das Drei-Prozent-Ziel noch einmal bekräftigt. Der Finanzminister damals hieß: Söder.
Stolze 3,6 Milliarden Euro nimmt Bayern aus seinen Rücklagen, wenn der Haushaltsentwurf auch so vom Landtag beschlossen wird. Füracker hält die verbleibenden Rücklagen von rund 2,2 Milliarden Euro immer noch für „sehr solide“. Bayern sei weiter gut gerüstet für schwierige Zeiten. Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) erwartet ob der Investitionen gar große Dankbarkeit in zwei bis drei Jahren. Es wäre falsch, wenn der Staat lieber auf dem „Geldkoffer“ mit einer Milliarde Euro mehr sitzen bliebe, statt jetzt die Weichen für neue Einnahmen zu stellen.
Die Ministerien für Soziales, Umwelt sowie Gesundheit dürfen auf das größte Finanzplus hoffen. Wie immer schlagen die Bildungsausgaben am höchsten zu Buche: 41,7 Milliarden Euro. Für innere Sicherheit und Rechtsschutz sind 13,5 Milliarden Euro vorgesehen, im laufenden Jahr fließen 9,97 Milliarden Euro in den kommunalen Finanzausgleich, 6,9 Milliarden gehen zum Länderfinanzausgleich und 3,6 Milliarden in die Bereiche Asyl und Integration.
Um die vielen Versprechen aus dem Wahlkampf finanzieren zu können, wachsen die Ausgaben massiv an. Alleine die Entlastungen für junge Familien summieren sich auf 910 Millionen Euro. Für die Fortführung des Familiengeldes sind 1,5 Milliarden Euro vorgesehen, für das Landespflegegeld 750 Millionen Euro und für den Wohnungsbau mehr als 2 Milliarden Euro. Für Polizei, Justiz und Bildung sieht der Etat einen Zuwachs von 4306 Stellen vor, darunter 2200 für Schulen und 1000 für die Polizei.
Das große und von der CSU selbst gesteckte Ziel des schuldenfreien Freistaates bis 2030 wackelt. Aktuell steht der Freistaat mit 27 Milliarden Euro bei Kreditgebern in der Kreide. Bleibt es bei aktuell 500 Millionen Euro pro Jahr Tilgung wäre das Schuldenkonto erst 2072 ausgeglichen. M. HADEM / C. TROST