München – Wer genau hinsah, konnte Carolin Schumacher vor einer Woche auf dem CSU-Parteitag entdecken. Sie saß diskret am linken Hallenrand auf Plätzen für Gäste, die das Treffen weder als Delegierte noch als Journalisten verfolgen, sondern schlicht freiwillig. Entspannt wirkte sie. Das dürfte sich bald ändern. Auf dem nächsten Parteitag wird sie hinter den Kulissen die Chefin sein.
Schumacher soll nach Informationen unserer Zeitung aus Parteikreisen heute überraschend als neue Hauptgeschäftsführerin der CSU vorgestellt werden, oberste Führungskraft des neuen Parteichefs Markus Söder. Eine Frau an der Spitze der CSU-Zentrale – das dürfte auch ein Signal an Partei und Öffentlichkeit sein, dass Söder es bei der Frauenförderung nicht bei Sonntagsreden belassen will.
Schumacher, bisher unauffälliges CSU-Mitglied in Starnberg, folgt am 1. Februar auf Hans-Michael Strepp, der wie berichtet als Amtschef das neue Digitalisierungsministerium übernimmt. Ihre Aufgabe wird, die Parteizentrale anders aufzustellen: weniger Reibungsverluste als früher zwischen Söder-Staatskanzlei und Seehofer-CSU, neue Schlagkraft für die Wahlkämpfe in Europa (2019), Kommunen (2020) und Bund (zwischen 2019 und 2021).
Intern hatte mancher erwartet, Söder werde einen engen Vertrauten als Statthalter in der Landesleitung im Münchner Norden installieren. Schumacher zählte dazu bisher nicht. Die Beamtin führt die Bayerische Vertretung in Berlin, wurde von Seehofer 2016 dorthin berufen. Früher arbeitete die promovierte Juristin als Pressesprecherin für Wirtschaftsminister Otto Wiesheu, dann im Sozialministerium für Christine Haderthauer – auch keine einfachen Aufgaben, beide Minister pflegten ein loses Mundwerk. Als Haderthauer über die Modellauto-Affäre und ihre missglückte Kommunikation stürzte, war Schumacher nicht mehr ihre Sprecherin, allerdings als Büroleiterin an ihrer Seite.
Für Söder dürfte das als Parteichef die zentrale Personalie sein. Einen neuen Büroleiter (Tobias Schmid) und einen Parteisprecher (Simon Rehak) beruft er aus dem Haus. Dass die Generalsekretäre Markus Blume und Daniela Ludwig im Amt bleiben, steht schon länger fest. Wann die Führung der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung geregelt wird, ist noch offen.
Heute Nachmittag wird Söder das Personalpaket und erste Schwerpunkte in einer Mitarbeiterversammlung in der CSU-Zentrale erläutern. Dort und auch in der Partei sind die Erwartungen hoch. Bei einer Vorstandsklausur der Jungen Union wurde am Wochenende die Forderung an Generalsekretär Blume herangetragen, die CSU müsse wieder schlagkräftiger aufgestellt werden.
Zuvor lädt Söder erstmals als Vorsitzender den Parteivorstand zu einer Sitzung ein. Da will er ein Signal für mehr CSU-Teamarbeit senden. Geplant ist ein gemeinsamer Medienauftritt mit Parteivize Manfred Weber zum Schwerpunkt Europapolitik. Söder betont derzeit häufig, einen neuen Stil in der CSU vorleben zu wollen. In einem Interview vergangene Woche („SZ“) sagte er: „Ich bin ein stärkerer Teamplayer als die meisten denken. Ein Parteivorsitzender muss nicht jeden Tag die Sau durchs Dorf treiben. Aber er muss wissen, was im Dorf passiert.“
Seehofer, dann seit neun Tagen Ehrenvorsitzender, nimmt an der Vorstandssitzung nicht teil. Er will seinem Nachfolger Söder zunächst demonstrativ Raum lassen.
CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER