Söder rüffelt „Disziplinlosigkeit“ in der CSU

von Redaktion

Künftig Präsenzpflichten für Abgeordnete und Delegierte – Parteichef tauscht Vize-General aus

München – Auf dem Chefplatz der CSU steht ein schmuckes, aber irgendwie überholtes Machtinstrument: eine Glocke, um Sitzungen zu eröffnen, Parteifreunde zur Ordnung zu rufen und um den Fotografen ein schönes Motiv zu bieten. Markus Söder bimmelt am Montagmorgen schwungvoll: „Oh, scheint zu funktionieren.“

Zu seiner ersten Vorstandssitzung als CSU-Vorsitzender passt die Glocke tatsächlich: Der neue Chef lässt seiner CSU-Spitze kurz die Ohren klingeln. Er verschärft den Führungsstil, kündigt das zumindest an. Vor den Parteifreunden und später vor der Presse verlangt er mehr Disziplin von den eigenen Leuten. Zwei Ereignisse ärgerten ihn in den vergangenen zehn Tagen. Es führe auf Dauer nicht zum Erfolg, wenn man Parteitage abbrechen müsse, weil zu wenige Delegierte da seien, und wenn man im Landtag Abstimmungen verliere, weil zu wenig Abgeordnete im Plenarsaal seien, sagt er. Söder will Parteitage straffer organisieren, dort digital abstimmen lassen, die Sitzordnung verändern, er will außerdem über Präsenzpflichten im Landtag reden. „Teamgeist heißt nicht Disziplinlosigkeit. Erfolg geht nur mit Einsatz.“

An kürzere Zügel nimmt er auch den Parteivorstand. Die Sitzungen des Gremiums beschränkt er auf maximal drei Stunden. Ab sofort gilt, auch wenn’s nur ein Detail ist, eine neue Sitzordnung: Söder und seine Stellvertreter vorne, alle anderen Vorstandsmitglieder sitzen mit Blick auf ihn. Das Wort vom „Frontalunterricht“ macht die Runde.

Mit Staunen wird zudem eine Personalie aufgenommen, die auch etwas über Söders Kurs aussagt: Er tauscht die Vize-Generalsekretärin Daniela Ludwig (43) aus gegen Florian Hahn (44). Zwei Oberbayern, zwei Bundestagsabgeordnete – und ein Signal. Hahn war früh einer der engagiertesten Söder-Unterstützer in Oberbayern, was seinem Verhältnis zu Horst Seehofer und zur Bezirksvorsitzenden Ilse Aigner nicht eben guttat. Söder honorierte solche Loyalitäten in Oberbayern bereits bei seinen zwei Kabinettsbildungen 2018 ungewöhnlich deutlich. Die Minister Ulrike Scharf und Marcel Huber mussten weichen, junge Abgeordnete wie Michaela Kaniber, Kerstin Schreyer und Florian Herrmann rückten nach.

Ludwig ist zudem Mitglied des informellen „Zugspitzkreises“ – einem lockeren Bündnis von jungen Bundestagsabgeordneten um Alexander Dobrindt. Söder steht dem Kreis offenbar etwas reservierter gegenüber.

Nach Ludwigs Ablösung ist das CSU-Trio mit Söder und den Generalsekretären Markus Blume und Florian Hahn nun wieder rein männlich. Söder verweist darauf, dass er die Juristin Carolin Schumacher zur CSU-Hauptgeschäftsführerin berufe. Sie ist allerdings keine Politikerin.

Vize-General Hahn soll nun auch, wie im Bundestag, außenpolitische Themen beackern. Er werde sich gerade in der Europa-, Außen- und Sicherheitspolitik „in wichtige Debatten einschalten“, sagt Hahn unserer Zeitung. Söder will mit Ludwig „über weitere Aufgaben reden“. Intern wird da häufiger der Vorsitz der Frauen-Union genannt, der heuer frei wird. Dafür gibt es aber bereits mehrere Bewerberinnen.

Inhaltlich will Söder die CSU breiter aufstellen, weit jenseits des Asylthemas. Mehrere Arbeitsgruppen aus Landes- und Bundespolitikern sollen Positionen zu Wirtschaft, Rente, Umwelt und Agrar, Digitales, Außenpolitik und Kultur erarbeiten. CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

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