Anti-Terror-Einsatz im ländlichen Idyll

von Redaktion

In Schleswig-Holstein fassen BKA und GSG9 Islamisten mit wohl konkreten Anschlagsplänen

Meldorf/Karlsruhe – Noch vor dem Morgengrauen stürmen Anti-Terrorkräfte der GSG 9 und des Bundeskriminalamtes die Wohnung im idyllischen Landkreis Dithmarschen in Schleswig-Holstein. Drei irakische Flüchtlinge werden festgenommen. Sie sollen einen Anschlag geplant haben, teilt die Bundesanwaltschaft später mit. Wo die mutmaßlichen Islamisten zuschlagen wollten, ist nicht klar. Doch haben sie den Ermittlungen zufolge Sprengversuche unternommen, Zünder bestellt und versucht, an eine Pistole zu kommen.

Das schlichte gelbe Haus in der 900-Seelen-Gemeinde Elpersbüttel liegt wenige Kilometer von der Nordseeküste und Büsum entfernt. „Wie ich aus dem Fenster guckte, habe ich auf einmal ganz viele Taschenlampen gesehen. Da habe ich selber schon einen Schreck bekommen“, beschreibt ein Nachbar die Szenerie gegen sechs Uhr am Morgen. Ein Knall, lautes Stimmengewirr, „dann haben sie über mir die Wohnung gestürmt“. Eine Augenzeugin berichtet, in der Wohnung hätten die Einsatzkräfte viele Dinge sichergestellt, Handys und CDs. „Sogar die Heizung wurde auseinander genommen, da waren wohl auch noch Sachen drin.“

Seit ein paar Monaten wohnten den Nachbarn zufolge „drei ausländische Mitbürger“ in der Wohnung. „Tagsüber hat man da keinen gesehen – und wenn doch, waren sie recht freundlich und haben immer gegrüßt.“ Abends seien sie „nachtaktiv“ geworden. Viele Besucher seien ein- und ausgegangen oder hätten die Flüchtlinge abgeholt. Dass dort womöglich ein Terroranschlag geplant wurde, kam den Nachbarn nie in den Sinn.

Wie der Generalbundesanwalt mitteilt, wird zwei Männern im Alter von 23 Jahren die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat vorgeworfen, einem dritten, 36-jährigen Mann Beihilfe. Die Anschlagspläne seien islamistisch motiviert gewesen. Bei den Verdächtigen soll es sich nicht um arabische Iraker, sondern um Kurden handeln. Jedenfalls wurde während der Ermittlungen ein kurdischer Übersetzer eingesetzt. Das ist ungewöhnlich. Denn im Irak sehen die meisten Kurden die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und andere von Arabern dominierte „Dschihadisten“-Gruppen als Feinde an.

BKA-Präsident Holger Münch sagt, mit den Festnahmen seien seit dem Anschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt im Dezember 2016 nun schon sieben Mal Anschlagspläne islamistischer Terroristen von den Behörden durchkreuzt worden. Das ist, je nachdem wie man darauf schaut, eine gute oder schlechte Nachricht.

Sehr professionell seien die Iraker bei ihren Versuchen, eine Bombe zu bauen, nicht vorgegangen, berichten die Sicherheitsbehörden. Die Iraker, die jetzt festgenommen wurden, hatten wohl einen ähnlichen Plan wie in Berlin. Einer von ihnen hatte begonnen, Fahrstunden zu nehmen. Sie hätten versucht, aus Silvesterböllern mit 250 Gramm Schwarzpulver Bomben zu bauen. Eine Pistole wollten sie kaufen, 1200 Euro waren ihnen aber zu teuer. A. CLASMANN, M. HOENIG

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