Der Kampf ums Kommunale startet

von Redaktion

Ein grüner Landrat – 2014 war das noch eine Sensation. Die Grünen, im Umfragen in Aufwind, wollen das zum Normalfall werden lassen bei der Kommunalwahl 2020. Die CSU wehrt sich. Der Kampf läuft bereits.

VON MIKE SCHIER UND CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

München – Kurz vor der Landtagswahl im Oktober hatte Ludwig Hartmann noch einen Termin in Kitzingen bei Würzburg. „Ich war schon ziemlich fertig“, erinnert sich der grüne Fraktionschef an die Ochsentour von Auftritt zu Auftritt. Aber er hielt halt auch in Kitzingen eine Rede. Er hätte sie vielleicht längst vergessen, wäre nicht kürzlich beim Neujahrsempfang in Schweinfurt ein Mitglied auf ihn zugestürmt. In Kitzingen seien nach der Rede mehrere Menschen eingetreten. Es gebe jetzt die echte Chance, bei der Kommunalwahl etwas auf die Beine zu stellen.

Die Kommunalwahl – das schien fern. Bis 2020 ist noch Zeit, der mediale Fokus liegt aktuell auf der Europawahl. Doch hinter den Kulissen laufen die Planungen für den 15.  März 2020 auf Vollgas. Die Grünen, in Umfragen bei nie gekannten 23 Prozent, gehen mit Ehrgeiz an die Sache: „Unser Ziel es ist, den ein oder anderen Oberbürgermeister zu stellen“, sagt Hartmann. Konkret im Blick hat er Landshut, wo die Landesvorsitzende Sigi Hagl antritt, aber auch Aschaffenburg und Regensburg, obwohl dort der Kandidat noch gar nicht feststeht. Generell gilt: Die Partei will in der Fläche zulegen. In ländlichen Regionen gab es bislang oft weder Ortsvereine noch Listen. Nun nähert man sich einer Mitgliederzahl von 12 000. „Für die Leute vor Ort ist es wahnsinnig motivierend, wenn es plötzlich ein paar Mitstreiter gibt“, sagt Hartmann. Wie in Kitzingen.

Es ist einiges ins Rutschen geraten im Parteiensystem des Freistaats. Mit dem Aufstieg der Grünen einher geht die Krise der SPD. Während es bei der Europawahl schwierig werden dürfte, ist Landeschefin Natascha Kohnen für 2020 recht optimistisch. „Kommunalwahlen muss man immer von allen anderen trennen“, sagt sie. „Da geht es um die Persönlichkeiten.“ Für die OB-Posten in München (Reiter) und Nürnberg (Maly) ist Kohnen deshalb zuversichtlich. Doch sie sieht auch viele junge Neumitglieder, die erstmals kandidieren. Von der schlechten Laune anderer Genossen will sie sich deshalb nicht anstecken lassen: „Wir haben eine realistische Sicht auf die Dinge. Aber wir wissen auch, was wir können.“

Auch die CSU ist realistisch. Sie weiß: Es naht die schwierigste Kommunalwahl ihrer Geschichte. In vielen Stadtvierteln, vor allem in München, haben die Grünen bei der Landtagswahl klar gewonnen. Hier ist die Wahl eine Strukturfrage, am Land oft eine Typenfrage. In Miesbach wurde 2014 der Grüne Wolfgang Rzehak (51) Landrat: ein Bodenständiger, Ideologieferner, den viele „Beppo“ rufen. Die CSU hatte es ihm durch die Sparkassen-Affäre leicht gemacht. Nun will sie Miesbach zurückholen. „Wir werden uns mit besonderem Augenmerk in einzelnen Kommunen engagieren, wo das Rennen eng ist, wo wir viel zu gewinnen haben“, sagt Generalsekretär Markus Blume.

Das dürfte Kreise einschließen, wo Landräte anderer Parteien nicht mehr kandidieren, wie aktuell in Neuburg (Stichwahl am 3. Februar). Allerdings hören auch erfahrene CSUler auf, in Freising, Berchtesgaden, Mühldorf, Passau. Gleichzeitig droht in bisher tiefschwarzen Regionen ein Zitter-Ausgang. In Würzburg etwa siegten bei der Landtagswahl überraschend die Grünen.

Blumes Strategie, anders als bei Land und Bund: So früh wie möglich loslegen. Die knapp 40 000 Kommunal-Kandidaten sollen schon zur Europawahl in diesem Mai von Tür zu Tür laufen, sich so auch fürs kommende Jahr bekannt machen. Das soll nebenbei die Mobilisierung der erschöpften Basis im Europa-Wahlkampf steigern. Parallel dazu läuft bis Ende 2019 die Reform, die die CSU auch in Städten mehrheitsfähiger machen soll: neues Bewusstsein für Ökologie, für lebensnahe Themen wie Pflege und Wohnen.

Spannend wird die Rolle der Freien Wähler. Kommt 2020 auch ein Zwischenzeugnis für anderthalb Jahre in der Staatsregierung? Die Partei hofft, durch Regierungshandeln (und Förderbescheide) vor Ort zu punkten. Bisher rumort es allerdings etwa in Niederbayern wegen der Flutpolder-Debatte massiv.

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