Ein Gesetz gegen die Männermacht

von Redaktion

VON AGLAJA ADAM UND CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

München/Potsdam – Selten schaut die ganze Republik auf Debatten im Landtag von Brandenburg. Heute schon. Im schicken Potsdamer Stadtschloss will sich das Parlament als erstes in Deutschland eine Frauenquote verordnen. Die Regierung aus SPD und Linkspartei sowie die oppositionellen Grünen wollen ein Parité-Gesetz beschließen. Männer und Frauen sollen ab Juni 2020, nach der Landtagswahl heuer, gleich stark auf den Landeslisten der Parteien vertreten sein.

Brandenburg debattiert darüber seit Wochen. CDU und AfD lehnen das Gesetz ab. Die Grünen wollten sogar noch weiter gehen, forderten eine umfassende Reform des Wahlrechts. Der Wähler hätte nach ihrem „Wahlkreisduo“-Modell zwei Erststimmen – für eine Frau und einen Mann. Damit wären auch die Wahlkreise automatisch quotiert, ihre Anzahl würde im Gegenzug halbiert.

Der rot-roten Regierung ging das zu weit. Signalwirkung könnte das Gesetz aus Potsdam dennoch haben. Das Frauen-Problem haben alle Landesparlamente und der Bundestag, letzterer mit einem Anteil von unter 31 Prozent, die niedrigste Frauenrate seit 20 Jahren. In Bayerns Landtag sind nur 55 der 205 Abgeordneten Frauen, die transidente Grünen-Abgeordnete Tessa Ganserer noch nicht mitgerechnet. Das entspricht 26,8 Prozent. Zum Vergleich: In Brandenburg hat bereits gut 36 Prozent.

Besonders zwei Parteien sind von Männern dominiert, im Bund wie im Maximilianeum. Bei der AfD sind unter 22 bayerischen Landtagsabgeordneten nur zwei Frauen; Julika Sandt ist sogar die einzige Frau in der FDP-Fraktion, neben zehn Männern.

„Eigentlich ist es eine Frage der Moral, echte Gleichberechtigung zu haben“, sagt die 47-Jährige. Mit einem Dringlichkeitsantrag zum Frauenanteil ist sie allerdings in ihrer Partei im Herbst vorerst gescheitert. Sandt hatte gefordert, dass künftig bei Wahlen auf Platz 1 oder 2 aller Bezirkslisten eine Frau stehen müsse. Beim Parteitag im März soll das Thema noch einmal auf die Agenda. „Es braucht gewisse Hebel, auch wenn ich gegen eine gesetzlich vorgeschriebene Quote bin“, sagt Sandt. Nur rund 25 Prozent der FDP-Mitglieder seien weiblich: „Wir müssen an uns arbeiten.“

Vorreiter in Sachen Frauen im Landtag sind SPD und Grüne. Sie konnten den Anteil weiblicher Abgeordneterkontinuierlich erhöhen. Die Grünen sind mit 47,4 Prozent (18 von 38 Abgeordneten, mit Ganserer) nahe dran an der Parität. Bei der SPD ist das Verhältnis mit 11 Frauen und 11 Männern ausgeglichen. Beide Parteien haben längst eine Quote bei der Listenaufstellung: das Reißverschlussverfahren Mann/Frau.

CSU und Freie Wähler, die Koalitionspartner, drücken mit 21,2 und 22,2 Prozent den Schnitt im Landtag. Bei der CSU geht das auch auf eine Besonderheit zurück: Aktuell alle ihrer Abgeordneten werden über Direktmandate bestimmt. Bei der Landtagswahl waren aber nur 20 der 91 Direktkandidaten Frauen.

In die CSU kommt aber Bewegung. Eine Kommission unter der Leitung der Rosenheimer Bundestagsabgeordneten Daniela Ludwig hat Vorschläge entwickelt, die eher weit gehen. Ludwig will der CSU, am liebsten schon zur Kommunalwahl 2020, ein Reißverschluss-System für die Listen verordnen.

Damit die CSU mehr Frauen direkt nominiert, will die 43-Jährige Aufstellungsversammlungen quotieren, mindestens 30 Prozent weibliche Delegierte schlägt sie vor. „Das sendet ein starkes Signal an Frauen in- und außerhalb der Partei: Wir wollen euch!“, sagt Ludwig. Auf ein Wahlkreis-Duo-Modell will auch sie sich nicht einlassen, der Eingriff ins Wahlrecht und die Entscheidungsfreiheit vor Ort sei zu groß. Ludwig will aber die CSU generell stärker für Frauen öffnen, bisher sind es nur 20 Prozent. „Wir müssen die Basis der Frauen in der Partei verbreitern. Das ist essenziell für unseren Anspruch als Volkspartei.“

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