Ringen um Entlastung für Betriebsrentner

von Redaktion

Die Große Koalition will die Doppel-Belastung beenden – Streit um die Finanzierung

Berlin – Können Betriebsrentner und andere Empfänger berufsbezogener Alterseinkünfte mit einer Entlastung rechnen? Im Grundsatz sind sich Union und SPD einig: Die auf die Bezüge fälligen Krankenkassenbeiträge sollen halbiert werden. Strittig ist jedoch die Finanzierung.

Der Konflikt schwelt schon seit 15 Jahren. Im Wissen um ihre später eher schmale Rente setzen Millionen Menschen in Deutschland auf eine betriebliche Zusatzversorgung. Dass darauf hohe Sozialbeiträge fällig werden, wird den meisten erst dann schmerzlich bewusst, wenn die gesetzliche Krankenkasse ihren Tribut eintreibt. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) brachte jetzt einen Gesetzentwurf auf den Weg, um die Gemüter zu beruhigen. Die „erhöhte Beitragspflicht aus Versorgungsbezügen empfinden viele Betroffene als Ungerechtigkeit“, heißt es in dem Papier, das unserer Redaktion vorliegt. Eine Halbierung der Krankenversicherungsbeiträge sorge daher für eine „deutliche Entlastung“.

Hintergrund der Operation ist eine Regelung, die von der rot-grünen Bundesregierung im Jahr 2004 beschlossen worden war. Damals ging es den Krankenkassen finanziell schlecht. Und seitdem müssen Betriebsrentner und andere, die zum Beispiel eine Direktversicherung abgeschlossen haben, den doppelten Beitrag zahlen. Das sind aktuell 14,6 Prozent plus Zusatzbeitrag, der von Kasse zu Kasse variiert. Dagegen zahlen Bezieher gesetzlicher Renten nur den halben Beitragssatz. Beträgt der Kassenbeitrag zum Beispiel 15,5 Prozent (inklusive eines Zusatzbeitrags von 0,9 Prozentpunkten), müssen für eine Betriebsrente von 500 Euro monatlich 77,50 Euro abgeführt werden. Bei einer Halbierung wären es nur noch 38,75 Euro. Bei einer durchschnittlichen Rentenbezugsdauer von 17 Jahren ist das eine Ersparnis von 7905 Euro.

Die Reaktion der SPD fiel im Grundsatz positiv aus. „Wir begrüßen den Vorstoß von Jens Spahn“, sagte Fraktionsvize Karl Lauterbach unserer Zeitung. Allerdings setze die SPD bei der Finanzierung nicht auf Steuer-, sondern komplett auf Beitragsmittel. „Der Spielraum dafür ist vorhanden“, meinte Lauterbach mit Blick auf die stattlichen Reserven der Krankenkassen – gegenwärtig 21 Milliarden Euro.

Die Gesamtkosten der Beitragshalbierung werden auf jährlich drei Milliarden Euro beziffert. Nach Spahns Plan sollen davon aber nur 500 Millionen Euro aus Beiträgen kommen. 2,5 Milliarden soll der Steuerzahler tragen.

Scheitert das Vorhaben also an der Finanzierung? Der CDU-Sozialpolitiker Peter Weiß mochte davon gestern nichts wissen: „Ich gehe davon aus, dass es eine Einigung geben wird.“ Gelingt die Operation, würden von 2020 an alle Betriebsrentner profitieren. Ein rückwirkender Ausgleich für Betroffene mit Altverträgen ist allerdings nicht vorgesehen. Dafür wären 40 Milliarden Euro notwendig. STEFAN VETTER

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