Wie geht es weiter ohne Kohle?

von Redaktion

Bund und Länder wollen zügig einen Plan für den Strukturwandel in ohnehin schwierigen Regionen entwerfen

Cottbus – „Nicht ohne uns“: Zwölf Auszubildende geben mit ihren T-Shirts ein Statement ab. Auf jedem steht ein Buchstabe, gelesen ergibt sich die Forderung der jungen Beschäftigten des Lausitzer Bergbau- und Energieunternehmens Leag, das in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt Braunkohle abbaut und daraus Strom erzeugt. Sie sitzen am Donnerstag in der Messe Cottbus in der ersten Reihe bei der internen Betriebsversammlung zu den Empfehlungen der Kohlekommission für einen Kohleausstieg. Mit Sonderbussen sind etwa 3000 Mitarbeiter angereist. Bei dem Unternehmen arbeiten rund 8000.

Seit dem Wochenende sind die Kompromissvorschläge zum Ausstieg aus der Braunkohle 2038 bekannt – und in den betroffenen Regionen werden sie mit großer Sorge verfolgt. Und nicht nur dort. „Ich befürchte eine ökonomische Katastrophe. Wir erreichen mit viel Geld eine Befriedung für kurze Zeit“, sagte Wolfgang Kubicki (FDP). Die Abschaltung der Kohlekraftwerke werde nicht ohne Folgen bleiben. „Wenn wir die Versorgungssicherheit verlieren und es zu Blackouts kommt, drohen Massenentlassungen. Der Kompromiss kann dazu beitragen, dass wir den Industriestandort Deutschland ruinieren.“

Vor allem in Ostdeutschland beobachtet man die Entwicklung mit großer Sorge. Im Herbst stehen schwierige Landtagswahlen an – unter anderem in Sachsen und Brandenburg, wo die AfD versucht, aus dem Thema Kapital zu schlagen. Gestern Abend trafen sich die Ministerpräsidenten von Brandenburg und Sachsen, Dietmar Woidke (SPD) und Michael Kretschmer (CDU) sowie die Regierungschefs der Kohleländer Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt mit Kanzlerin Angela Merkel. Sie kündigte im Anschluss an das Treffen an, dass bis Mai ein Gesetz über Maßnahmen in den betroffenen Regionen vorliegen werde. Dazu habe sich die Bundesregierung verpflichtet, sagte sie. Die Länder wollten zudem ein Gesetz, um Planungen zu beschleunigen. „Beides werden wir in Angriff nehmen.“

Bei dem Maßnahmengesetz geht es zum Beispiel um Investitionen in die Infrastruktur, Investitionsanreize für Unternehmen und die Ansiedlung von Bundesbehörden in den Kohleregionen.

Die Bundesregierung werde die damit verbundenen Kosten sehr sorgfältig prüfen. Der breite Konsens in der von der Regierung eingesetzten Kohlekommission zeige aber eine „gesamtgesellschaftliche Verantwortung“, sagte die Kanzlerin. Dieser wolle die Bundesregierung nachkommen. Merkel und die Regierungschefs der vier Kohleländer sowie mehrere Bundesminister wollten am Abend noch über die Empfehlungen der von der Regierung eingesetzten Kohlekommission beraten – die Kanzlerin hatte am Abend den Abschlussbericht erhalten.

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