Rom – Und immer wieder die Sea Watch. Das Rettungsschiff einer privaten Berliner Hilfsorganisation ist schon öfter mit dem italienischen Gesetz und den Regeln der EU-Mittelmeermission in Konflikt geraten. Beihilfe zu illegaler Immigration werfen die Ermittler im sizilianischen Catania den Seenotrettern vor; auch vom Verdacht auf Zusammenarbeit mit Schlepperbanden wird geraunt.
Schon einmal wurden Schiff und Besatzung deshalb festgesetzt. Genau das droht erneut, wie aus dem römischen Innenministerium verlautet. Nachdem die 47 Flüchtlinge nach ihrer Irrfahrt in Catania von Bord gegangen sind und nun auf acht EU-Staaten verteilt werden, rücken die Helfer in den Fokus der Justizbehörden. Sie sollen rasch vor der Staatsanwaltschaft aussagen; auch eine Beschlagnahmung der unter holländischer Flagge fahrenden Sea Watch steht im Raum. Das jedenfalls würde zur harten Linie von Innenminister Matteo Salvini passen. Der kündigte inzwischen an, dass Italien seine Haltung gegenüber den privaten Hilfsorganisationen grundsätzlich überdenken und die Zusammenarbeit mit den Leitstellen der Küstenwache einstellen wolle. Für NGO-Schiffe sollen italienische Hoheitsgewässer nach seinem Willen künftig ganz gesperrt werden. Ob es wirklich so weit kommt, ist offen.
Salvini steht derzeit juristisch unter heftigem Druck, ein Sondertribunal hat ihn des Amtsmissbrauchs angeklagt. Der Fall geht auf ein Boot der italienischen Küstenwache mit aus Seenot geretteten Migranten zurück; der Innenminister hatte der „Diciotto“ im Herbst die Einfahrt in Häfen auf dem Stiefel untersagt. Dazu jedoch sei er nicht berechtigt gewesen, so die Ansicht der Justiz.
Salvini beruft sich auf seine Immunität. Die Gefahr einer Verurteilung sei wohl zu groß, heißt es. Um ein Verfahren zu ermöglichen, müsste das Plenum des Senats zustimmen. Lega und Movimento 5 Stelle haben nur eine knappe Mehrheit, um das zu verhindern. Unter den Puristen der Grillini rumort es: Einen Minister vor Strafverfahren zu schützen, widerspreche den selbst gesetzten, strengen Linien der Transparenz. Sollten jedoch Sterne-Senatoren Salvini über die Klinge springen lassen, wäre die Koalition am Ende. INGO-MICHAEL FETH