Ein Papst bei den Scheichs

von Redaktion

Zum ersten Mal wird morgen ein Papst seinen Fuß auf den Boden eines arabischen Scheichtums setzen. Er folgt einer Einladung zum interreligiösen Dialog. Es ist der Höhepunkt einer langen Annäherung zwischen Vatikan und gemäßigtem Islam – ein Besuch mit Symbolkraft.

VON INGO-MICHAEL FETH

Rom/Abu Dhabi – In der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate gibt es eine prächtige Moschee, die sich „Myriam ´umm Isa“ nennt – „Maria, Mutter Jesu“. Es ist keine Fata Morgana: Sowohl die Gottesmutter als auch der biblische Jesus gelten im Islam als verehrungswürdig, der christliche Messias gar als Prophet. Genau dieses verbindende Element beider Weltreligionen wollte der als tolerant und liberal geltende Herrscher der Golfmonarchie, Mohammed Bin Zayed, betonen, als er vor zwei Jahren die Umbenennung des Gotteshauses veranlasste.

Damit nicht genug: Wohl als einziges Land der Welt haben die Emirate auf sein Betreiben ein Ministerium für „Glück und Toleranz“. Es soll die „Werte der Toleranz als Basis für ein glückliches Zusammenleben der Gesellschaft zementieren“.

Diese Art staatlich verordneter Philosophie der Toleranz und der Achtung gegenüber anderen Religionen hat zum Ziel, dem geistigen Nährboden des islamistischen Terrors den Boden zu entziehen. In der Tat gelten die Emirate als eines der stabilsten und friedlichsten Länder in der sonst hochexplosiven Golfregion. Zwar regieren auch hier die Gesetze der Scharia und Blasphemie wird streng geahndet; doch mit einem wesentlichen Unterschied: Das Verbot der Gotteslästerung gilt für alle Religionen gleich, auch für Christen, Juden oder Hindus.

Hier wird Papst Franziskus von Sonntag bis Dienstag einen historischen Besuch absolvieren. Er freue sich, „ein neues Kapitel in der Geschichte der Beziehungen zwischen den Religionen zu schreiben“, sagte der Papst vorab in einer Videobotschaft an das islamische Land. Franziskus bezeichnete die Emirate als „Modell des Zusammenlebens und der menschlichen Brüderlichkeit“.

Als einziges Land der Region stellt der Staat sogar Grund und Mittel für den Bau von christlichen Kirchen oder buddhistischen Tempeln zur Verfügung. Während sich die Zahl der Christen in den bürgerkriegsgeplagten Ländern der Region (besonders Syrien und Irak) stark verringert hat, blüht die katholische Kirche am Golf auf. Das Paradox ist einfach zu erklären: Millionen von Gastarbeitern kommen zum Arbeiten in die Boom-Region. Allein der katholische Bevölkerungsanteil in den Emiraten ist in den vergangenen Jahren auf 800 000 Gläubige angewachsen, vornehmlich aus Indien und den Philippinen. Aus dem Alltagsleben sind sie nicht wegzudenken.

Papst Franziskus wird mit offenen Armen als „Freund des Islam“ empfangen. Kaum ein Pontifex vor ihm hat den oftmals mühsamen Dialog mit den Muslimen so sehr gepflegt und vorangebracht. Unter allen Umständen wollte er verhindern, dass aus den blutigen Konflikten im Vorderen Orient und in Nordafrika ein Religionskrieg entsteht, wie ihn die selbst ernannten Gotteskrieger des Kalifatstaats herbeibomben wollen. Dass mittlerweile fast alle gemäßigten Imame der sunnitischen Welt den Terror im Namen des Islam verdammen, sieht man in der Kurie als Erfolg eigener Mühen.

Eine Schlüsselrolle spielte der Dialog mit dem theologischen Zentrum der Sunniten, der Al Azhar-Universität in Kairo. Dessen Großscheich Mohammed Al-Tayyeb ist mittlerweile regelmäßig zu Gast im Vatikan. Mit seinem Besuch in den Emiraten will der Pontifex aller Welt zeigen, dass ein friedliches und versöhntes Zusammenleben zwischen Christen, Muslimen und anderen Religionen entgegen aller Vorurteile und Widerstände möglich ist. Die Heilige Messe auf arabischem Boden wird er in aller Öffentlichkeit zelebrieren.

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