Luxemburg – EU-Bürger mit Kindern im EU-Ausland haben auch bei Arbeitslosigkeit Anspruch auf Kindergeld in dem Staat, in dem sie wohnen. Das entschied der Europäische Gerichtshof gestern in Luxemburg. Die Familienleistungen für Kinder in einem anderen Mitgliedstaat könnten nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Berechtigte eine Beschäftigung ausübe, erklärte der EuGH.
Konkret ging es um den Fall eines in Irland lebenden Rumänen. Dem Mann, dessen zwei Kinder in Rumänien wohnen, wurde das Kindergeld gestrichen, nachdem er ein Jahr lang arbeitslos war. Zuvor hatte er sechs Jahre lang in Irland gearbeitet. Gegen die Entscheidung der Behörden klagte der Mann beim irischen High Court. Die Richter baten den EuGH um Auslegung des EU-Rechts.
Überweisungen für Kinder im EU-Ausland sorgen immer wieder für Debatten. Die österreichische Regierung unter Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte zuletzt beschlossen, die Zahlungen an die Lebenshaltungskosten am Wohnsitz des Kindes anzupassen, also in der Regel zu kürzen. Die EU-Kommission hat deshalb eine Klage gegen Österreich vor dem EuGH angekündigt.
Im jetzigen Urteil hielt der Gerichtshof eindeutig fest, dass laut EU-Recht Familienleistungen auch für Angehörige mit Wohnsitz in anderen EU-Staaten in voller Höhe zu zahlen seien. Die sogenannte Indexierung der Familienbeihilfe war im Oktober vom österreichischen Parlament abgesegnet worden und hat deutliche Kürzungen zum Beispiel für Ungarn und Slowaken zur Folge.
In Deutschland war ein solches Vorgehen ebenfalls mehrfach diskutiert worden. Die deutschen Behörden zahlten im vergangenen Jahr Kindergeld in Höhe von rund 402 Millionen Euro ins Ausland. Unter den 252 000 Kindern, für die Kindergeld in europäische Staaten oder die Türkei überwiesen wurde, bildeten die polnischen Kinder (123 855) die größte Gruppe. Die Überweisungen sind in den vergangenen fünf Jahren stark gestiegen. 2012 war nach Angaben der Bundesregierung noch Kindergeld in Höhe von nur 75 Millionen Euro ins Ausland gegangen.
Die CSU hatte im Juni im Bundesrat einen Antrag zur Anpassung der Höhe des Kindergeldes an die Lebenshaltungskosten in dem Land, in dem das Kind lebt, vorgestellt. Der Finanzausschuss entschied jedoch, seine Beratungen zu der Initiative auf unbestimmte Zeit zu vertagen. Als ein Grund gelten die Bedenken der EU-Kommission.
Die Brüsseler Behörde argumentiert mit der Logik, dass gleiche Beiträge auch zu den gleichen Vorteilen führen sollten. Damit wird in der EU-Kommission darauf Bezug genommen, dass Kindergeld und andere Familienleistungen in Ländern wie Österreich und Deutschland nur an diejenigen EU-Ausländer gezahlt werden, die auch in das jeweilige Sozialversicherungssystem einzahlen. mm/dpa