München – Wohl selten dürfte eine Studie ihren Auftraggeber so alarmiert haben: Eine Umfrage der Atlantik-Brücke und der Meinungsforscher von Civey dokumentiert einen dramatischen Vertrauensverlust in das transatlantische Bündnis. 84,6 Prozent der Befragten – also mehr als vier Fünftel – bewerten das deutsch-amerikanische Verhältnis als negativ oder sehr negativ. Nur 10,4 Prozent empfinden es als sehr positiv oder eher positiv.
Besonders alarmierend für die Transatlantiker: Lediglich 13,1 Prozent wünschen sich wieder eine stärkere Annäherung. Genau dies ist eigentlich das Ziel der hochrangig besetzten Atlantik-Brücke, die 1952 gegründet wurde. Vorsitzender ist Friedrich Merz.
„Die Deutschen müssen die Behaglichkeit der Neutralität hinter sich lassen und dürfen sich, bei aller berechtigten Kritik an der aktuellen US-Regierung, nicht von anti-amerikanischen Ressentiments den Blick auf die Gefahren verstellen lassen, die von den autoritären Systemen in Russland und China ausgehen“, warnt Michael Werz vom Center for American Progress, der im Vorstand der Altantik-Brücke sitzt. Norbert Röttgen (CDU) versteht das Ergebnis als Arbeitsauftrag: „Die Umfrage zeigt, dass wir die Bürger von den strategischen Notwendigkeiten eines deutschen Engagements in einer sich radikal verändernden Welt überzeugen müssen“, sagt der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags. „Ohne den Rückhalt in der Bevölkerung kann Außenpolitik nicht betrieben werden.“
5000 Menschen hatten die Meinungsforscher im November und Dezember des vergangenen Jahres befragt. 42,3 Prozent halten inzwischen sogar China für einen besseren Partner für Deutschland als die USA. Umgekehrt halten nur 23,1 Prozent die USA für den besseren Partner.
Besonders die Tiraden des US-Präsidenten Donald Trump haben in den vergangenen beiden Jahren viele Deutsche vor den Kopf gestoßen. Wer sie kennt, nimmt staunend zur Kenntnis, wie hochrangig die US-Delegation für die Münchner Sicherheitskonferenz in der kommenden Woche ausfällt. Von Trump abgesehen, scheint die halbe US-Hauptstadt im „Bayerischen Hof“ dabei zu sein. Am Freitag wurde bestätigt, dass Vizepräsident Mike Pence, der geschäftsführende Verteidigungsminister Patrick Shanahan und die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, dabei sein werden. Pelosi hatte sich in den vergangenen Wochen zur profiliertesten Gegenspielerin Trumps entwickelt.
Auch für ein wenig Glamourfaktor ist gesorgt: Präsidententochter Ivanka Trump und ihr Ehemann Jared Kushner haben ebenfalls ihr Kommen angesagt und wollen an mehreren Veranstaltungen teilnehmen. Beide sind Berater des Präsidenten.
Die Absage des französischen Präsidenten Emmanuel Macron für die Konferenz hat dagegen offenbar innenpolitische Gründe, wie der Gastgeber der Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, am Freitag vor der Presse sagte. Nach dem, was ihm aus dem Élysée-Palast gesagt worden sei, habe die Absage nichts mit strittigen Themen zwischen Deutschland und Frankreich zu tun. Er könne hier keinen Zusammenhang erkennen. MIKE SCHIER