Mays Brexit-Kurs

Politik als Pokerspiel

von Redaktion

ALEXANDER WEBER

Allen täglichen Tatarenmeldungen zum Thema Brexit zum Trotz: Theresa May spielt ihr Spiel auf Zeit unbeirrt weiter. Diese Woche will sie bereits zum zweiten Mal das Unterhaus um Aufschub für Nachverhandlungen mit der EU bitten. Ihr Ziel: So nah wie möglich an die Deadline, das Austrittsdatum 29. März herankommen. Und dann, im letzten Moment, wenn die Apokalypse des ungeregelten EU-Austritts nur noch durch ein Ja zu ihrem, vielleicht verbal etwas aufgehübschten Deal mit Brüssel abgewendet werden kann, alles auf eine Karte setzen und im Unterhaus die scheinbar unerreichbare Mehrheit doch noch schaffen.

Paradoxerweise spielen der Premierministerin die schlechten Nachrichten, die in immer dichterem Takt über die Briten hereinbrechen, politisch in die Karten. Ob auf den Kontinent abwandernde Unternehmen, sinkende Wachstumsprognosen durch die britische Notenbank, Hamsterkäufe der Bevölkerung oder Mahnungen der Kirche vor sozialer Not im Vereinigten Königreich – der Druck auf die Abgeordneten in London durch die eigene Wählerschaft nimmt zu. Doch nicht nur auf der Insel steigt die Nervosität. Einer neuen Studie zufolge bedroht ein ungeregelter Brexit bis zu 100 000 Arbeitsplätze in Deutschland. Die Regierung in Berlin reagiert erstaunlich zurückhaltend. Nicht nur in London pokert man hoch.

Alexander.Weber@ovb.net

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