München – In diesen aufgewühlten Zeiten klingt es wie Selbstbeschwörung. „Europa funktioniert“, sagt Christine Lagarde in den Festsaal hinein und kurz regt sich so etwas wie Applaus. Aber da ist der Brexit, da sind die Populisten, da ist die Uneinigkeit unter den EU-Mitgliedern bei vielen Themen. Die Frage ist: Wie funktioniert Europa auch in Zukunft noch?
Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist eine der beiden Hauptrednerinnen bei der Münchner Europa Konferenz, die am Vorabend der großen Sicherheitskonferenz stattfindet. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer ist die zweite Rednerin. Und die Antworten der beiden Frauen auf die Frage, wie Europa funktionieren kann, fallen an diesem Abend sehr verschieden aus.
Lagarde spricht von einem „neuen Wohlstandsversprechen“, das Europa abgeben müsse. Die EU sei immer zugleich ein ökonomisches und ein politisches Projekt gewesen. Beides funktioniere nur zusammen. Um den Erfolg zu garantieren, brauche es Arbeitsmarktreformen, ein besseres Klima für die Wirtschaft und Investitionen in Innovationen. „Europa hat einen entscheidenden Moment vor sich“, sagt Lagarde. Aber eines sei klar: „Die Welt braucht Europa mehr denn je.“
CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer spricht frei – und fasst sich in ihrer Rede kurz: Eine der größten Errungenschaften Europas seien die offenen Grenzen des Schengen-Raums, sagt sie. Aber der funktioniere nur, wenn „die Sicherheit nach außen absolut gewährleistet sei“. Dazu gehöre ein funktionierendes Register für die Ein- und Ausreise in den Schengenraum und langfristig auch eine gemeinsame Verteidigungspolitik. „Auch in Zukunft muss Europa in der Außen- und Sicherheitspolitik Kompetenzen bündeln.“
Es ist ein Abend der großen Begriffe: Wohlstand, Zusammenhalt, Frieden. Genau diese Versprechen müssten aufrecht erhalten werden, sagt die CDU-Chefin. Das gehe nur mit dem Mut, Europa weiterzuentwickeln. Die große Frage sei, ob es der EU langfristig gelinge, aus ihrer eigenen Position heraus Stärke zu bewahren und international eine wichtige Rolle zu spielen. „Europa steht an einer Kreuzung, wieder einmal“, betont Kramp-Karrenbauer. „Wir sollten der Verantwortung gerecht werden.“ MARCUS MÄCKLER