Frankreichs Antisemitismus-Problem

von Redaktion

Nach mehreren Vorfällen kocht Debatte im Nachbarland hoch

Paris – Wie verbreitet ist Antisemitismus in Frankreich? Die Frage treibt das Nachbarland gerade um. Anlass sind mehrere antisemitische Vorfälle, darunter Grabschändungen im Elsass und die Beleidigung des Philosophen Alain Finkielkraut durch einen Gelbwesten-Demonstranten in Paris. 2018 war die Zahl antisemitischer Vorfälle um 74 Prozent gestiegen.

Bei einer Demonstration in Paris sagte Präsident Emmanuel Macron am Dienstag, die Republik stehe wie „ein Block“ gegen Antisemitismus. Zuvor hatte er ein härteres Vorgehen gegen Täter angekündigt. Auch in anderen Städten wurde demonstriert. Zur Kundgebung in Paris unter dem Motto „Es reicht“ kamen rund 20 000 Menschen.

Die Vorfälle ziehen weite Kreise. Nach den Grabschändungen im elsässischen Quatzenheim sprach Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu von einem „schockierenden“ Antisemitismus. Einwanderungsminister Joav Gallant rief die französischen Juden dazu auf, nach Israel zu kommen. Eine Sprecherin von Macrons Partei „En Marche“, wies das zurück. „Diese Menschen sind Franzosen, und diese Äußerung ist gefährlich“, sagte sie.

Die Täter aus dem Elsass sind noch unbekannt. Im Fall der Beleidigung des Philosophen Finkielkraut ist indes ein Verdächtiger festgenommen worden. Auf einem Video ist zu hören, wie er Finkielkraut einen „dreckigen Zionisten“ nennt und schreit: „Frankreich gehört uns.“ Laut einer Studie von 2018 glauben 22 Prozent der Franzosen an eine jüdische Weltverschwörung.

Finkielkraut machte indirekt auch die deutsche Flüchtlingspolitik für die Entwicklungen verantwortlich. In einem „Welt“-Interview sagte er, die Deutschen hätten sich von ihrer Nazi-Vergangenheit freikaufen wollen. Den Preis zahlten Europas Juden, die zum ersten Opfer eines neuen Islamismus geworden seien.

Ein auch von jüdischen Vertretern gefordertes Gesetz gegen „Antizionismus“ lehnt Macron bisher ab. Die bisherigen Vorgaben zum Schutz vor antisemitischen Übergriffen reichten aus, betonte er.

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