Plötzlich reden alle wieder von Guantanamo

von Redaktion

Trumps Problem mit den Radikal-Islamisten: Das berüchtigte Lager auf Kuba könnte wieder anwachsen

Washington – Neulich noch hat Donald Trump die Bundesregierung in Berlin und andere Länder Europas aufgerufen, 800 in Syrien inhaftierte IS-Kämpfer und -Anhänger zurückzunehmen. Sie sollten die radikalen Islamisten vor Gericht stellen. Doch der US-Präsident scheint keine Lust zu verspüren, dies ebenfalls zu tun. Vor allem um einen Musterfall wird gestritten.

Auf Twitter macht Trump klar: Er will eine 24-jährige Frau, die nach Angaben ihres Anwalts im Bundesstaat New Jersey geborene Hoda Muthana, nicht mehr zurück in die USA lassen. Das US-Außenministerium verkündete, die Frau sei keine Staatsbürgerin, habe keinen Pass, kein Visum und deshalb auch kein Einreiserecht. Muthana hatte seit 2014 in Syrien insgesamt drei IS-Kämpfer als Ehemänner gehabt und in Onlinemedien Proaganda für den „Islamischen Staat“ und gegen die USA betrieben.

Der Fall Muthana ist nur ein Aspekt in der Debatte in den USA, wie mit IS-Radikalen umgegangen werden soll, die sich derzeit noch in der Gewalt kurdischer Kräfte befinden. Trump hat zwar angekündigt, all jene freizulassen, die nicht von ihren Heimatländern aufgenommen würden. Doch in den USA sieht man dies vor allem als Druckmittel auf europäische Staaten. Dass der Präsident Ernst macht, glauben die wenigsten. Doch wohin mit jenen, die nicht aufgenommen werden? In den USA rückt – vor allem angefacht durch Aussagen des Außenministeriums – das berüchtigte Internierungslager Guantanamo Bay auf Kuba in den Mittelpunkt der Debatte. Man könne dort IS-Kämpfer unterbringen, wenn dies „gesetzlich und angemessen“ sei, heißt es im Außenministerium. Berichten zufolge haben US-Sicherheitsexperten rund 50 IS-Radikale identifiziert, die man als hochrangig ansieht und die nach Guantanamo ausgeflogen werden könnten, wenn eine Heimat-Rückführung nicht gelingt.

Trump hatte in seiner Rede zur Lage der Nation 2018 prophezeit, er werde Guantanamo trotz der Schließungs-Versuche seines Vorgängers weiter „in vielen Fällen“ nutzen, um Gefangene aus dem Kampf mit dem IS und El Kaida festzusetzen. Doch bisher gab es keine Neuzugänge in Guantanamo, wo sich derzeit noch 40 Radikal-Islamisten befinden. Nur neun von ihnen wurden bislang angeklagt. Ein US-Militärsprecher hatte kürzlich festgestellt, man könne in dem Lager momentan bis zu 200 Personen festhalten. Dafür seien nur minimale Änderungen bei Infrastruktur und Personal notwendig. Zu Spitzenzeiten im Jahr 2003 saßen dort bis zu 700 Terrorverdächtige fest.

Eine Kernfrage ist nun, ob die Verschiebung von IS-Anhängern nach Kuba noch unter die Autorisierung des Kongresses aus 2001 fällt, der zufolge El-Kaida-Kämpfer und mit diesen verbundene Kräfte in Guantanamo interniert werden dürfen. Vermutlich will die Trump-Regierung diesem absehbaren juristischen wie politischen Streit aus dem Weg gehen – und drängt deshalb so vehement die transatlantischen Partner, ihren Teil zu leisten. FRIEDEMANN DIEDERICHS

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