Merkel deutet Kompromisse an

von Redaktion

Europa will eine eigene Armee. Doch bis dahin ist der Weg weit. Eines der Probleme: Welche Linie sollen die Europäer bei Waffenexporten einschlagen – etwa nach Saudi-Arabien? Deutschland ist mit seinem Ausfuhrstopp isoliert.

VON ALEXANDER WEBER

München – Es ist ja nicht so, als hätte die Große Koalition in Berlin nicht schon genug heimische Probleme: Ob Streit um die Grundrente, Tauziehen in der Klimapolitik oder Zoff um die Abschaffung des Soli – es knirscht an allen Ecken. Und jetzt kommt auch noch ein heißes Eisen in Europa hinzu: die Rüstungspolitik. Mit dem Stopp deutscher Waffenexporte nach Saudi-Arabien hat sich Berlin den Zorn seiner Partner zugezogen, allen voran Frankreichs und Großbritanniens, weil davon auch Gemeinschaftsprojekte betroffen sind. Deutsche Alleingänge sind da nicht gerne gesehen.

Schon der Bau der Erdgaspipeline Nord Stream 2 für russisches Gas an den osteuropäischen Partnern vorbei hatte für mächtig Ärger gesorgt, nicht nur in Warschau, sondern eben auch in Paris. Im letzten Moment musste Berlin einlenken und sich mit einer europäischen Aufsicht einverstanden erklären, um es nicht zum endgültigen Eklat kommen zu lassen.

Bei ihrem gestrigen Besuch in Paris war Kanzlerin Angela Merkel deshalb sichtlich bemüht, die Wogen zu glätten. Sie betonte die Bedeutung von Absprachen mit Frankreich und anderen europäischen Partnern – eben auch in Fragen der Rüstungspolitik. Merkels Äußerungen wurden in Paris so verstanden, dass die Kanzlerin bereit ist, auf die Kritik von Partnern zu hören. Es müsse auch Kompromisse geben, die über „den Wortlaut des Koalitionsvertrages (…) hinausgehen“, meinte sie vielsagend. Wie weit sie dabei gehen will, sagte die Kanzlerin allerdings nicht. Die SPD ist vehement gegen eine Lockerung der strikten deutschen Regeln. Am 9. März läuft das bisherige Saudi-Arabien-Embargo aus, das nach dem Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi verhängt worden war. Politisches Fingerhakeln zwischen den Koalitionären ist also programmiert.

Merkel und Macron betonten im Élyséepalast angesichts der vielen Schwierigkeiten die Bedeutung der deutsch-französischen Zusammenarbeit für die Entwicklung der EU insgesamt. Europa sei dann handlungsfähig, wenn Deutschland und Frankreich mit gemeinsamen Vorstellungen aufträten, sagte Merkel. „Unsere Stimme wird weltweit nur dann gehört, wenn wir auch mit gemeinsamen Haltungen auftreten.“ Berlin und Paris wollen für den EU-Gipfel am 21. März Vorstellungen für die europäische Industriepolitik vorlegen.

Im Verteidigungsbereich hatten sich Berlin und Paris bereits auf erste Grundsätze für den Export gemeinsam hergestellter Rüstungsgüter in Länder außerhalb von EU und Nato geeinigt – eine endgültige Vereinbarung steht aber immer noch aus. „Wir können uns nicht für eine europäische Armee aussprechen, wir können nicht ein gemeinsames Papier verabschieden (…) und anschließend dann sagen, wenn es Gemeinschaftsprojekte gibt und Partner sich auch auf uns verlassen, dass wir dann zu keinerlei Gesprächen bereit sind“, sagte Merkel. Gegenwind kam auch aus der Opposition: Der Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, erklärte, nötig sei eine Beschränkung von Waffenexporten, nicht eine Lockerung. ( mit dpa und afp)

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