Kim baut wohl Raketenanlage wieder auf

von Redaktion

Satellitenbilder zeigen: Nordkorea baut offenbar eine Testanlage für Raketen wieder auf. Kurz nach dem ergebnislosen Treffen zwischen Diktator Kim Jong Un und US-Präsident Donald Trump wirkt das wie eine Provokation. Oder steckt anderes dahinter?

Seoul – Der Gipfel in Hanoi war kaum vorüber, die mit ihm verbundenen Hoffnungen frisch begraben, da liefen im Zentrum für strategische und internationale Studien (CSIS) aufschlussreiche Bilder ein. Die Satellitenfotos zeigen eine Raketenanklage in Sohae, an der Westküste Nordkoreas. Eigentlich hatte man angenommen, sie sei stillgelegt. Und nun das.

Die Aufnahmen belegen offenbar, dass das Regime wieder an der Testanlage arbeitet. Es seien neue Aktivitäten beobachtet worden, erklärten Wissenschaftler des in Washington ansässigen CSIS. Das Ziel sei womöglich ein rascher Wiederaufbau.

Der Satellit machte die Aufnahmen zwei Tage nach dem Treffen zwischen Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un und US-Präsident Donald Trump, das ergebnislos geendet war. Die CSIS-Experten glauben nicht an Zufall. Der Zeitpunkt deute eher darauf hin, dass die neuen Bautätigkeiten „absichtlich und zielgerichtet“ seien, um Nordkoreas Forderung nach einer Lockerung der Sanktionen Nachdruck zu verleihen. Das Regime wolle „Entschlossenheit“ zeigen.

Von der Anlage in Sohae waren 2012 und 2016 Trägerraketen mit Satelliten gestartet. International wurden die Starts als verschleierte Tests ballistischer Raketen gewertet und scharf verurteilt. Auf dem Gelände befinden sich sowohl eine Testanlage für Raketenantriebe als auch eine Abschussrampe.

Laut CSIS wurde bei den Satelliten-Trägerraketen Technologie von interkontinentalen Raketen verwendet. Bei einem Gipfeltreffen mit Südkoreas Präsident Moon Jae In hatte Kim im vergangenen Jahr zugesagt, die Anlage zu schließen. Bilder vom August deuteten auf den Rückbau eines Prüfstands hin.

Nach Informationen der Website 38 North könnte der Wiederaufbau der Anlage von Sohae bereits vor dem jüngsten Kim-Trump-Gipfel begonnen haben, jedenfalls irgendwann zwischen dem 16. Februar und 2. März. Die Satellitenbilder zeigten, dass eine Konstruktion, mit der Trägerraketen zu einer Startrampe gebracht worden seien, wieder hergestellt wurde.

Auch der südkoreanische Geheimdienst ist im Bilde. In einem Briefing von Parlamentsabgeordneten hatte er erklärt, Bauarbeiten auf dem Gelände registriert zu haben. Geheimdienstdirektor Suh Hoon hält zwei Szenarien für möglich: Entweder bereitet sich die Führung in Pjöngjang auf neue Versuche mit Langstreckenraketen vor. Oder aber sie errichtet zusätzliche Konstruktionen, um die Anlage im Falle positiver Verhandlungen mit den USA in die Luft sprengen zu können.

Gemessen am Verlauf der jüngsten Gespräche trifft wohl eher erstere Vermutung zu. Nach vielem Getöse hat der Gipfel vergangene Woche gezeigt, wie weit die Positionen tatsächlich auseinander liegen. Vor allem die Frage, wie Nordkorea sein Atomwaffen- und Raketenarsenal abrüsten soll und welche Gegenleistungen es erwarten kann, spaltet beide Länder. Statt weniger brachte Trumps Sicherheitsberater John Bolton zuletzt sogar mehr Sanktionen gegen Pjöngjang ins Spiel.

Nordkorea würde das einmal mehr empfindlich treffen. Denn die Lebensmittelknappheit spitzt sich laut den Vereinten Nationen zu. Danach verzeichnet das Land die schlechteste Ernte seit gut zehn Jahren, 10,9 Millionen Nordkoreaner sind auf humanitäre Hilfslieferungen angewiesen, das entspricht 43 Prozent der Bevölkerung.

Sanktionserleichterungen könnten helfen, die Lage langfristig zu entspannen. Doch die Entwicklungen in Sohae sprechen dagegen. US-Präsident Trump sagte gestern, er wäre „sehr, sehr enttäuscht“, wenn die Berichte über einen möglichen Wiederaufbau der Testanlage stimmen sollten. Um das zu beurteilen, sei es aber noch „zu früh“. afp/dpa/mmä

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