„Wir nehmen sie fest – und los!“

von Redaktion

Der türkische Innenminister sorgt mit Äußerungen über Urlauber für Wirbel – Ankara rudert zurück

Istanbul – Die schlechte Nachricht war in der Welt – da versuchte die türkische Regierung hektisch gegenzusteuern. Berichte, wonach Deutsche bei der Einreise in die Türkei gefährdet seien, seien völlig „haltlos“, erklärte das Außenministerium in Ankara. Entsprechende Aussagen des türkischen Innenministers Süleyman Soylu seien „eindeutig aus dem Zusammenhang gerissen und verzerrt“. Touristen seien in der Türkei willkommen.

Ist es so einfach? Auslöser für die Aufregung war eine Rede von Soylu vom Sonntag in Ankara. Der Innenminister hatte nach Angaben der – staatlichen – Nachrichtenagentur Anadolu gesagt, wer „draußen Verrat“ begehe und an Veranstaltungen der Terrororganisation teilnehme, werde bei der Einreise festgenommen. Gemeint sind damit Unterstützer der in der Europäischen Union und der Türkei als Terrororganisation eingestuften kurdischen Arbeiterpartei PKK.

„Da gibt es jene, die in Europa und in Deutschland an den Veranstaltungen der Terrororganisation teilnehmen und dann in Antalya, Bodrum und Mugla urlauben“, sagte Soylu. Man habe auch für sie „Maßnahmen“ ergriffen. „Sollen sie doch herkommen und von den Flughäfen aus einreisen. Wir nehmen sie fest – und los!“ Weiter sagte er: „Von nun an wird es nicht mehr so einfach sein, draußen Verrat zu begehen und sich dann in der Türkei zu amüsieren.“

Der deutsch-türkische Abgeordnete und Erdogan-Berater Mustafa Yeneroglu schrieb auf Twitter, wer Terrororganisationen wie die verbotene PKK unterstütze, müsse wie auch in anderen Ländern mit einer Strafverfolgung rechnen. „Nicht deutsche Urlauber, nicht Regierungsgegner, sondern solche, die aufgrund von Straftaten gesucht werden, sind betroffen.“

Der Deutsche Reiseverband reagierte zurückhaltend. Sprecher Torsten Schäfer verwies auf die Hinweise des Auswärtigen Amtes, die „jeder Urlauber nachlesen sollte“. In diese Hinweise sei schon vor fast zwei Jahren der Ratschlag aufgenommen worden, Demonstrationen zu meiden, und dass „man vorsichtig sein sollte mit Äußerungen“. Es sei bekannt, dass die türkische Regierung schon vor einiger Zeit angekündigt habe, dass sie auch die sozialen Medien überprüft. „Wir beurteilen nicht die politische Lage.“ Wer sich an den Reise- und Sicherheitshinweisen orientiert, bei dem sollte einem Urlaub nichts im Wege stehen.

In seinen Reise- und Sicherheitshinweisen schreibt das Auswärtige Amt unter anderem, dass in der Türkei „weiterhin von einem erhöhten Festnahmerisiko auszugehen“ sei. Die Behörden beriefen sich dabei auf die Mitgliedschaft in Organisationen, die auch in der EU als terroristische Vereinigung eingestuft sind, „aber auch auf Mitgliedschaft in der sogenannten Gülen-Bewegung. Auch geringfügige Berührungspunkte mit dieser Bewegung, die Betroffenen nicht bewusst seien oder von anderen über sie behauptet würden, „können für eine Festnahme ausreichen“.

Das Auswärtige Amt verweist in seinen Hinweisen außerdem darauf, dass „öffentliche Äußerungen gegen den türkischen Staat, Sympathiebekundungen mit von der Türkei als terroristisch eingestuften Organisationen und auch die Beleidigung oder Verunglimpfung von staatlichen Institutionen und hochrangigen Persönlichkeiten“ verboten seien. Darunter fielen auch regierungskritische Äußerungen im Internet und in sozialen Medien.

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