Istanbul/Berlin – Zwei deutsche Journalisten haben am Sonntag nach der Verweigerung ihrer Akkreditierung die Türkei verlassen. Der ZDF-Korrespondent Jörg Brase und der „Tagesspiegel“-Reporter Thomas Seibert flogen am Nachmittag nach Deutschland. Der Fall belastet die Beziehungen Deutschlands zur Türkei erneut schwer. Reporter ohne Grenzen wertete die Entscheidung als „Rausschmiss“.
Vor ihrer Abreise kritisierten beide Reporter im ZDF-Studio Istanbul das Vorgehen der türkischen Regierung. „Es ist ein Versuch, ausländische Medien einzuschüchtern und Druck auf sie auszuüben“, sagte Brase. „Davon sollten wir uns aber nicht einschüchtern lassen.“ Er und Seibert wollen weiter über die Türkei berichten, notfalls von außerhalb. Seibert sagte, die „Eskalation im Umgang mit deutschen Medien“ habe einen Punkt erreicht, an dem die Bundesregierung nicht anders könne, als schärfer vorzugehen.
Wochenlang hatten sich Diplomaten und Politiker für die deutschen Korrespondenten eingesetzt, von denen weiter viele auf neue Pressekarten warten. Nun verschärfte die Bundesregierung die Reisehinweise für die Türkei. Das dürfte das Land, das in einer Währungs- und Konjunkturkrise steckt und 2019 mit vielen deutschen Touristen rechnet, hart treffen.
Das Thema Pressefreiheit ist zwischen Deutschland und der Türkei ein neuralgischer Punkt, nachdem ab 2017 der „Welt“-Reporter Deniz Yücel und die Journalistin Mesale Tolu monatelang festgehalten worden waren. Das Verhältnis hatte sich nach der Freilassung beider verbessert. Das Wort von der „Normalisierung“ machte die Runde.
Aktuell warten rund ein Dutzend deutsche und viele internationale Journalisten auf Pressekarten. Nach den scharfen Reaktionen auf die Verweigerung der Akkreditierung für Brase, Seibert und den NDR-Reporter Halil Gülbeyaz hatte das Presseamt in Ankara mehreren Korrespondenten mündlich mitgeteilt, dass ihre Akkreditierung bewilligt worden sei. Mindestens vier deutsche Journalisten haben nicht mal diese mündliche Zusage.
Brase und Seibert sagten, die türkische Botschaft in Berlin habe ihren Chefredaktionen angeboten, andere Journalisten zu entsenden, deren Anträge dann „geprüft“ würden. Darauf hätten sich ihre Häuser nicht eingelassen. Seibert war seit 22 Jahren in der Türkei akkreditiert. Brase ist seit Januar 2018 Leiter der ZDF-Korrespondentenstelle Istanbul. dpa