Erdogan wütet gegen den Westen

von Redaktion

Recep Tayyip Erdogan sorgt im Wahlkampf mal wieder für großen Ärger. Mit Wutreden nach dem Anschlag von Christchurch löst der türkische Präsident gleich mehrere diplomatische Zwischenfälle aus.

Istanbul/Christchurch – Weil er die blutigen Moscheeangriffe in Neuseeland knapp zwei Wochen vor den Kommunalwahlen in der Türkei für Wutreden gegen den Westen nutzt, ist der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan mal wieder schwer in die Kritik geraten. Erdogan hatte am Dienstag in einer Wahlkampfrede gesagt, dass der Todesschütze nach Rechtslage in Neuseeland nicht mehr als 15 Jahre absitzen könnte. „Wie billig doch ein Menschenleben ist“, sagte er. Er forderte Neuseeland auf, „solchen Mördern kein Recht auf Leben einzuräumen“.

Kein Ausrutscher: Schon zuvor hatte Erdogan mehrfach die Islamfeindlichkeit des Westens kritisiert und seine AK-Partei als Bollwerk gegen diese Haltung präsentiert. Dazu hatte er auch verpixelte Ausschnitte aus den Aufnahmen des Schützen von der Tat gezeigt, während es in aller Welt Versuche gab, das Video aus dem Internet zu entfernen.

Kritik traf Erdogan am Mittwoch auch wegen seiner Bemerkungen aus einer Rede vom Montag. Da hatte er gewarnt, dass Australier und Neuseeländer mit antimuslimischer Gesinnung das gleiche Schicksal erleiden könnten wie Soldaten, die im Ersten Weltkrieg gegen das Osmanische Reich gekämpft hatten. Australien bestellte deshalb den türkischen Botschafter ein.

Erdogan bezog sich auf die Schlacht von Gallipoli, bei der die osmanischen Truppen unterstützt von Deutschland und Österreich-Ungarn die Truppen der Entente-Mächte, unter ihnen auch Australien und Neuseeland, besiegt hatten. „Eure Großväter kamen und sahen, dass wir hier sind. Danach kehrten manche auf ihren Beinen, manche in Särgen zurück. Wenn ihr also mit derselben Absicht kommen solltet, nur zu – habt keinen Zweifel, dass wir auch euch wie eure Großväter verabschieden werden“, hatte Erdogan gesagt.

Australien bestellte den türkischen Botschafter ein. Premier Scott Morrison warf Erdogan vor, gefallene australische und neuseeländische Soldaten „hochgradig beleidigt“ zu haben. Der Jahrestag der Landung in Gallipoli am 25. April 1915 ist als „Anzac Day“ ein nationaler Feiertag. Viele Nachfahren von Veteranen reisen noch heute nach Gallipoli. Morrison weigerte sich, eine Entschuldigung anzunehmen. Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete von einem Gespräch der Außenminister in der Sache.

Neuseelands Regierungschefin Jacinda Ardern kündigte derweil an, Vize-Premier Winston Peters werde in die Türkei reisen, um „Missverständnisse aus dem Weg zu räumen“.

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