Brüssel – Bundeskanzlerin Angela Merkel und die anderen Staats- und Regierungschefs rangen beim EU-Gipfel am Donnerstag bis in den späten Abend hinein, wie sie mit der verfahrenen Brexit-Situation umgehen sollen. Das Thema China wurde schließlich auf den Freitag geschoben. Statt einen ganzen Abend gab es deutlich weniger Zeit dafür.
Die Diskussion sei „sehr sinnvoll und sehr wichtig“ gewesen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel dennoch im Anschluss an die Debatte. Richtungsweisende Entscheidungen zum Umgang mit China konnte sie aber nicht verkünden.
China – ein Land, das mit enormen Staatshilfen die eigenen Unternehmen zu Weltmarktführern machen will, das aber auch ein wichtiger Absatzmarkt für EU-Unternehmen ist und als Partner beim Klimaschutz oder der Reform der Welthandelsorganisation WTO gebraucht wird. Mehr als 1,3 Milliarden Menschen leben dort – gut 20 Mal mehr als in Großbritannien. Für die EU geht es nun um die Frage, wie sie sich da behaupten kann. Haben europäische Unternehmen langfristig ohne staatlichen Schutz und Unterstützung noch eine Überlebenschance? Wie soll damit umgegangen werden, dass chinesische Investoren verstärkt versuchen, strategisch wichtige europäische Unternehmen zu übernehmen? Muss Europa sich abschotten, wie es die USA unter Präsident Donald Trump vormachen?
Wohin die Reise genau gehen wird, ist derzeit nicht absehbar. Einigkeit herrscht in Europa derzeit nur darüber, China endlich ernst zu nehmen und die EU im globalen Wettbewerb stark aufzustellen. In der Herangehensweise gibt es jedoch erhebliche Differenzen. Auf der einen Seite stehen dabei Staaten wie die Niederlande, die strikt dagegen sind, Abschottung mit Abschottung zu beantworten. Auf der anderen Seite gibt es solche wie Frankreich, die bereit sind, Prinzipien im Bereich Freihandel über Bord zu werfen, um die eigene Wirtschaft besser zu schützen.
Deutschland stand lange klar auf der Seite der liberalen Freihandelsverfechter, hat zuletzt aber einen Kurswechsel eingeleitet. Als Grund gilt, dass China seine Märkte in den vergangenen Jahren nicht wie versprochen geöffnet hat und weiter eigene Unternehmen enorm subventioniert.
Man wolle „gute und intensive Handelsbeziehungen mit China“, auf der anderen Seite sei es ein Problem, dass europäische Unternehmen nicht den gleichen Zugang zum chinesischen Markt hätten wie chinesische Unternehmen zum europäischen, sagte Merkel. Ihrer Meinung nach soll der Staat künftig auch in Europa eine viel stärkere Rolle einnehmen dürfen. A. SARTOROS, A. HAASE