Washington – Israel wählt am 9. April ein neues Parlament, und das wohl schönste Wahlkampfgeschenk bekam Ministerpräsident Benjamin Netanjahu schon jetzt: Donald Trump sprach sich auf Twitter dafür aus, die bisherige US-Politik auf den Kopf zu stellen und Israels Souveränität über die besetzten Golanhöhen anzuerkennen. Damit hat der US-Präsident Netanjahu schon vor dessen Reise nach Washington den roten Teppich ausgerollt. Der Gast wird am Montag und Dienstag gleich zwei Mal von Trump im Weißen Haus empfangen. Netanjahu kann Hilfe gut brauchen: Er kämpft um sein politisches Überleben.
Gewinnt Netanjahu die Wahl im April, würde er seine fünfte Amtszeit antreten. Scheitern könnte das an Korruptionsvorwürfen, die den Ministerpräsidenten unter Druck setzen. Kaum verwunderlich, dass Netanjahu auf die Schützenhilfe aus dem Weißen Haus nun geradezu enthusiastisch reagierte. „Ich bin so begeistert“, sagte er bei einer Pressekonferenz mit US-Außenminister Mike Pompeo in Jerusalem. Israel sei dankbar für die „unglaubliche und unvergleichliche Unterstützung“ durch die USA.
„Präsident Trump hat gerade Geschichte geschrieben“, sagte Netanjahu. „Er hat es schon wieder getan.“ Was Netanjahu meinte: Bereits Ende 2017 hatte Trump einseitig Jerusalem als Israels Hauptstadt anerkannt. Im Mai vergangenen Jahres ließ er dann die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen. Ebenfalls im vergangenen Mai verkündete Trump den Ausstieg aus dem nach Netanjahus Worten „katastrophalen“ Atomabkommen mit dem Iran – und setzte harte Sanktionen gegen den Erzfeind Israels in Kraft.
„Jetzt hat er etwas von gleicher historischer Bedeutung gemacht“, sagte Netanjahu. „Er hat Israels Souveränität über die Golanhöhen anerkannt.“ Eine formelle Anerkennung ist Trumps Tweet zwar nicht, der Präsident schreibt dort lediglich, für die USA sei es an der Zeit für einen solchen Schritt – aber das sind Feinheiten, die im Wahlkampf untergehen könnten. Aus Sicht Russlands handelt es sich bislang allenfalls um eine „Idee“ Trumps. „Wir hoffen, dass es dabei bleibt“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. „So eine Idee kann in keiner Weise zu einer Friedenssicherung im Nahen Osten beitragen.“
Die Golanhöhen sind ein 1150 Quadratkilometer großes Plateau, nicht einmal halb so groß wie das Saarland, aber von erheblicher strategischer Bedeutung. Im Sechstagekrieg 1967 hatte Israel den Landstrich von Syrien erobert, von dem aus die syrische Armee zuvor regelmäßig Ziele in Nordisrael mit Artillerie beschossen hatte. Von dem Plateau aus kann man die syrische Hauptstadt Damaskus sehen, die nur rund 60 Kilometer entfernt liegt. 1981 annektierte Israel die Golanhöhen – was international nicht anerkannt wurde. Bis vor Kurzem bezeichneten auch die USA die Golanhöhen noch als „besetzt“.
Die arabische Welt reagierte empört. Die Arabische Liga warnte, jede Anerkennung israelischer Souveränität über die Golanhöhen hätte „ernsthafte Auswirkungen auf die Position der USA im arabisch-israelischen Konflikt im Allgemeinen“, vor allem nach den „gewaltigen Rückschlägen“ in der Palästinenser-Frage. Und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan warnte, Trumps „unglückliche Erklärung“ habe die Region „an die Schwelle einer neuen Krise und neuer Spannungen gerückt“.