AOK-Öffnung: Spahn setzt sich über Länder hinweg

von Redaktion

Bundesgesundheitsminister will trotz Widerspruch seiner Amtskollegen Krankenkassen bundesweit antreten lassen

München – Jens Spahn (CDU) macht Ernst. Der Bundesgesundheitsminister präsentierte gestern den Entwurf für sein „Faire-Kassenwahl-Gesetz“. Darin kündigt er unter anderem an, einen Großteil der regionalen Kassen für den bundesweiten Wettbewerb zu öffnen, um den gesetzlich Krankenversicherten größere Wahlmöglichkeiten zu geben. Das würde besonders die elf bisher regional begrenzten Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) betreffen. Denn anders als heute könnte sich ein Bayer dann nicht mehr nur bei der AOK Bayern versichern, sondern zum Beispiel bei der AOK Sachsen-Anhalt, die einen niedrigeren Zusatzbeitrag erhebt. Die bisher regional organisierten AOKen würden somit bundesweit und auch miteinander konkurrieren.

Mit seinem Vorstoß setzt sich Spahn auch über die Einwände seiner Amtskollegen aus vier Bundesländern hinweg. Die Gesundheitsminister Melanie Huml (CSU/Bayern), Karl-Josef Laumann (CDU/ NRW), Barbara Klepsch (CDU/ Sachsen) und Manfred Lucha (Grüne/Baden-Württemberg) hatten sich vergangene Woche in einem gemeinsamen Brief an Spahn gewandt. Sie warnten, eine bundesweite Öffnung würde zu „erheblichen Verwerfungen innerhalb des AOK-Systems“ führen und somit zu „erheblichen negativen Auswirkungen auf das jeweilige Versorgungsgeschehen“. Die Minister kündigten Widerstand an.

Erwartungsgemäß kam auch gestern prompt scharfe Kritik. „Bayern lehnt eine bundesweite Öffnung aller bisher landesunmittelbarer Krankenkassen strikt ab“, sagte Huml unserer Zeitung. Denn eine rein bundesweite Kassenlandschaft werde weder den Wettbewerb verstärken noch die Versorgung verbessern, sagte Huml. Stattdessen sei durch den „Wegfall starker regionaler Träger wie der AOK Bayern“ eine Vernachlässigung der Region zu befürchten. „Denn der bisherige Wettbewerb zwischen bundesweiten und regionalen Krankenkassen um die bessere Versorgung vor Ort wird erlahmen.“

Auch die AOK Bayern betont ihre „starke regionale Verankerung“, die die Qualität der Gesundheitsversorgung im Freistaat positiv beeinflusse. „Diese regionale Gesundheitsversorgung ist gefährdet durch die vorgeschlagene bundesweite Öffnung und durch den zunehmenden Zentralismus Richtung Berlin bei Vertrags- und Vergütungsverhandlungen“, sagte AOK-Bayern-Chefin Irmgard Stippler. Statt Gleichmacherei seien aber „mehr regionale Gestaltungsspielräume erforderlich“.

Lob für Spahns Vorstoß kam hingegen vor allem von den bereits bundesweit geöffneten Ersatzkassen, denen die AOK-Öffnung gelegen kommen dürfte. „Das Eckpunktepapier skizziert ein sinnvolles Gesamtkonzept“, sagte Jens Baas, der Chef der Techniker Krankenkasse. Barmer-Chef Christoph Straub sagte, Spahn setze „die richtigen Impulse für einen fairen Wettbewerb der Krankenkassen um die beste Versorgung der Versicherten“. Auch die DAK begrüßte eine bundesweite Öffnung und die damit verbundene bundesweite Aufsicht.

Noch aber ist es nicht so weit. Auch, weil bisher noch Uneinigkeit herrscht, ob das Gesetz neben dem Bundestag auch den Bundesrat passieren muss. Dann würden auch die Länder wieder mitreden. SEBASTIAN HORSCH

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