Der Kampf um ein besseres Europa

von Redaktion

Der Kontinent wählt – in genau zwei Monaten. Wofür genau die Parteien kämpfen und mit welchem Spitzenpersonal, wissen viele Menschen noch nicht. Ein Überblick über Personen und Programme vor der Europawahl.

VON CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER, NATASCHA BERGER, JÖRG BLANK

München/Berlin – Wer zur Wahl geht, wühlt sich vorher selten durch hunderte Seiten Wahlprogramm. Trotzdem listet jede Partei im Detail auf, wofür sie kämpfen will. Als letzte der größeren Parteien hat die Union ihr Wahlprogramm beschlossen. Wir vergleichen die Inhalte und zeigen die Spitzenkandidaten für die Wahl am 26. Mai.

CDU und CSU

Das Programm steht unter dem Titel „Unser Europa macht stark. Für Sicherheit, Frieden und Wohlstand.“

Im Mittelpunkt der 21 Seiten: Sicherheit, Frieden, Wohlstand. Eine „globale Bepreisung“ von Emissionen soll klimaschädliche Treibhausgase zurückdrängen. In der Migrationspolitik setzen CDU/CSU auf europäische Transitzentren, ein europäisches Asylverfahren mit einheitlichen Standards und den Ausbau der Grenzagentur Frontex. Die Polizeibehörde Europol soll zum europäischen FBI werden. Die Union fordert europäische Grundstandards bei Arbeitnehmerrechten – nationale Angelegenheit sollen aber soziale Sicherungssysteme, Mindestlohnbestimmungen oder die Altersvorsorge bleiben. Kein EU-Beitritt der Türkei.

Grüne

Das Programm heißt „Europas Versprechen erneuern“.

Die Grünen dringen aufs Zusammenwachsen der EU unter anderem bei der Sicherheit. Sie fordern eine europäische Steuer für Digitalkonzerne, Steuern auf CO2-Ausstoß, Einweg-Plastik und den spekulativen Handel mit Finanzprodukten. Einnahmen aus der CO2-Steuer sollen als „Energiegeld“ an Bürger ausgezahlt werden. Von 2030 an sollen alle Kunststoffprodukte wiederverwendbar, abbaubar oder kosteneffizient recycelbar sein. Ab 2030 sollen nur noch abgasfreie Autos neu zugelassen werden – keine Diesel und Benziner mehr. Soziale Forderungen: Mindeststandards einer Grundsicherung und für die Versorgung in Gesundheitssystemen, dazu ein gesetzliches Recht auf lebenslanges Lernen. Hasskommentare im Internet sollen EU-weit unter Strafe stehen.

FDP

Das Programm heißt „Europas Chancen nutzen“.

Die Einheit Europas sei das „Beste, was uns allen passieren konnte“. In Kernbereichen will die FDP die Zusammenarbeit der EU-Staaten noch verstärken, an anderer Stelle reformieren. Schrumpfen soll die EU-Kommission, in die jedes der 28 Mitgliedsländer ein Mitglied entsendet. Bei der gemeinsamen Sicherheits- und Außenpolitik soll häufiger eine Mehrheit statt Einstimmigkeit reichen. Den Bürgern will die FDP das Leben, Lernen und Arbeiten in anderen Ländern erleichtern. So soll jeder Schüler mindestens sechs Monate seiner Schulzeit in einem anderen EU-Land verbringen. Sonderwirtschaftszonen sollen digitalen Start-ups attraktive Rahmenbedingungen bieten.

SPD

Das Programm heißt „Kommt zusammen und macht Europa stark“.

Die SPD bietet umfassende Sozialversprechen. In den EU-Ländern sollten Mindestlöhne von 60 Prozent des mittleren Lohns eingeführt, in Deutschland mindestens 12 Euro. Soziale Grundrechte sollen verbindlich werden. Bezahlt werden soll dies unter anderem durch Mindeststeuersätze gegen den Wettlauf um die niedrigsten Unternehmenssteuern. Für Konzerne wie Google, Apple oder Amazon soll eine Digitalsteuer gelten. Grenzkontrollen im Schengen-Raumes sollen „schnellstmöglich“ enden.

Die Linke

Das Programm wirbt „Für ein solidarisches Europa der Millionen, gegen eine EU der Millionäre.“

Die Linke fordert einen radikalen EU-Umbau – alle Verträge neu verhandeln. Über eine europäische Verfassung sollen national Volksabstimmungen entscheiden. Die Linke will höhere Steuern für Unternehmen, ein Verbot aller Waffenexporte und europäische Volksentscheide. Alle EU-Staaten müssen Mindestlöhne von 60 Prozent des Durchschnittsgehalts einführen. Europa soll bis 2030 aus der Kohle aussteigen, Bus und Bahn sollen in der Stadt ohne Tickets funktionieren.

AfD

Das Programm: „Für ein Europa der Freiheit“.

Die AfD hält Deutschlands Austritt – nach einer Volksabstimmung – für unausweichlich, falls sich die EU in absehbarer Zeit nicht radikal verändert. Ersatz könne „die Gründung einer neuen europäischen Wirtschafts- und Interessengemeinschaft“ sein. Das EU-Parlament „mit seinen derzeit privilegierten 751 Abgeordneten wollen wir abschaffen“, schreibt die AfD. Sie sorgt sich zudem um die deutsche Identität: „Jegliche Einwanderung nach Europa muss so begrenzt und gesteuert werden, dass die Identität der europäischen Kulturnationen unter allen Umständen gewahrt bleibt.“ Eine EU-Armee lehnt die AfD strikt ab, ebenso EU-Steuern. Ziel ist auch die Rückkehr zu einer nationalen Währung. Die AfD spricht sich gegen E-Autos und für den Diesel aus.

Weitere Parteien

Die Freien Wähler mit Spitzenkandidatin Ulrike Müller aus dem Allgäu fordern unter anderem, dass „Dienstleistungen der Daseinsvorsorge in öffentlicher Hand bleiben“. Für die ÖDP kandidiert der Physiker Klaus Buchner aus München. Ihm liegt die Achtung der Menschenrechte sowie Tier- und Umweltschutz am Herzen. Die Piratenpartei kämpft mit dem Juristen Patrick Breyer an der Spitze für ein bürgernahes Europa sowie für die Freiheit des Internets. Bernd Lucke ist Spitzenkandidat der LKW und kämpft für ein „Ende des Euro-Experiments“.

Artikel 9 von 11