Berlin – Der erbitterte Streit zwischen Union und SPD über eine Verlängerung des Rüstungsexportstopps für Saudi-Arabien zieht sich in die Länge. Nur vier Tage vor der selbstgesetzten Frist für einen Kompromiss scheiterte am Mittwoch im Kanzleramt in Berlin ein Einigungsversuch des geheim tagenden Bundessicherheitsrats. Das Gremium mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an der Spitze vertagte seine Beratungen auf einen unbestimmten Zeitpunkt. Die Suche nach einer Lösung soll zunächst auf Parteiebene fortgesetzt werden.
Die Bundesregierung hatte im November nach der Tötung des saudischen Regierungskritikers Jamal Khashoggi Rüstungslieferungen nach Saudi-Arabien auf Eis gelegt – auch die schon genehmigten. Bereits zwei Mal wurde der Exportstopp verlängert, zuletzt bis 31. März.
SPD-Chefin Andrea Nahles ist nun für eine erneute Verlängerung um ein halbes Jahr. Die Union ist strikt dagegen. Hauptgrund dafür ist die massive Verärgerung der Bündnispartner Frankreich und Großbritannien. Sie kritisieren, dass europäische Gemeinschaftsprojekte von dem Exportstopp betroffen sind und werfen Deutschland vor, die europäische Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich zu gefährden.
Auch im Inland gibt es Probleme: Mehrere Rüstungsunternehmen behalten sich bei einer weiteren Verlängerung rechtliche Schritte gegen die Bundesregierung vor. Betroffen von dem Exportstopp sind unter anderem 300 Arbeitsplätze bei der Lürssen-Werft in Wolgast (Mecklenburg-Vorpommern).
Dafür scheint es jetzt eine Lösung zu geben. Bundespolizei, Zoll und Marine wollen nach einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) sieben eigentlich für Saudi-Arabien gebaute Schiffe übernehmen, falls der Rüstungsexportstopp verlängert wird. Die sechs Patrouillenboote und ein Ausbildungsschiff seien bereits von der Bremer Lürssen-Gruppe fertig gebaut worden und sollten eigentlich an Saudi-Arabien geliefert werden. Die Patrouillenboote würden insgesamt 120 Millionen Euro kosten, das Ausbildungsschiff 45 Millionen.
Der Koalitionsstreit ist aber nicht gelöst. Die Vorsitzenden von CDU und SPD, Annegret Kramp-Karrenbauer und Andrea Nahles, äußerten sich am Mittwochabend bei einer Diskussionsveranstaltung in Berlin einsilbig zum weiteren Verfahren. Nahles sagte, es gebe zwar noch keinen Konsens. „Wir haben ihn aber vielleicht morgen oder übermorgen.“ Kramp-Karrenbauer verwies darauf, dass der Bundessicherheitsrat geheim tage und sie deswegen nicht wisse, was da besprochen werde. Deswegen sei es „schwer zu spekulieren heute“, wie es jetzt weitergehe.
In den vergangenen Tagen und Wochen waren Einigungsversuche auf unterschiedlichen Ebenen gescheitert. Dem Sicherheitsrat gehören neben Merkel acht Bundesminister an, drei aus der SPD. Zunächst gab es gestern keine Informationen darüber, woran es zwischen den Teilnehmern hakte.