CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER
Arachnophobiker wissen: Manchmal hat man vor kleinen Dingen viel schlimmere Angst als vor großen. So ähnlich verhält es sich mit der Staatsregierung und dem Ladenschluss. Die CSU, der sonst keine Vision gigantisch genug sein kann, traut sich seit Jahren nicht mehr an das Nebenthema Ladenschluss heran; ein Grund ist ein etwas peinliches Abstimmungspatt aus der Stoiber-Ära 2006. Deshalb gilt im sonst so fortschrittlichen Bayern unverändert, dass Geschäfte um 20 Uhr zu schließen haben.
Eigentlich macht es Hoffnung, dass nun der Freie Wähler Aiwanger den Ladenschluss anpackt – leider am falschen Ende. Er will die Sonntagsöffnung behutsam liberalisieren. Er plant das in einem kleinen Ausmaß, das gewiss nicht Kirchgang und Sonntagsbraten gefährdet; ans eigentliche Problem vor allem in Städten, den Ladenschluss an Werktagen, wagt er sich jedoch nicht heran.
Ja – hier liegt ein dreifaches Konfliktpotenzial. Zwischen hektischerer Stadt und dem Land, wo der geltende Ladenschluss oft nicht mal ausgeschöpft wird. Zwischen dem Einkaufswunsch der Kunden und den Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter, die auch mal Feierabend mit ihren Familien haben wollen. Vor allem aber verläuft eine Konfliktlinie zwischen dem Einzelhandel insgesamt und dem 24-h-Shopping im Internet. Wenn Bayerns Läden diesen Existenzkampf führen sollen, wäre eine moderate Liberalisierung an Werktagen wichtiger. Sie könnten längere Öffnungszeiten dann nutzen, müssen aber nicht.
Christian.Deutschlaender@ovb.net