Schulden-Bilanz

Die Bahn verliert ihr Rückgrat

von Redaktion

DIRK WALTER

Aha, die Bahn hat also „Wachstumsschmerzen“. So vornehm umschreibt DB-Chef Lutz ein strukturelles Problem des Staatsbetriebs, der mittlerweile ein Schuldenkonto von fast 20 Milliarden Euro vor sich herschiebt. Der geplante Verkauf der Tochter Arriva ist sinnvoll, denn warum muss sich die DB im britischen Busmarkt engagieren? Schon der Ankauf unter dem einstigen DB-Chef Grube war ein Fehler. Aber der Erlös von vielleicht drei oder vier Milliarden Euro wird das Finanzloch nur für kurze Zeit etwas verkleinern. Dann geht das Gejammer über die nicht lukrative Bahn wieder von vorne los.

Die wahren Probleme der Bahn sind andere. Sie heißen Transdev, Abbelio oder neuerdings auch GoAhead. Das sind die privaten Konkurrenten der Deutschen Bahn, die der DB lukrative Strecken abgeluchst haben. Die Bahn verliert langsam ihr Rückgrat – oder neudeutsch ausgedrückt: eine Cashcow. Das ist nämlich nicht der Fernverkehr, auf den immer alle wie gebannt starren, sondern der Nah- und Regionalverkehr. Durch die Bahnliberalisierung verliert der (einstige) rote Riese fortwährend Marktanteile und viel Geld. Jeder dritte Streckenkilometer wird mittlerweile von Konkurrenten bedient. In Norddeutschland fährt der Metronom, in Bayern die Oberlandbahn und der Meridian – das waren früher gewinn-bringende DB-Strecken. Die „Privaten“ sind mal gut, mal schlecht, so wie die DB eben auch, aber sie sind nicht grundsätzlich besser. 20 Jahre nach der Bahnreform wird es Zeit, hier mal selbstkritisch Bilanz zu ziehen – und vielleicht auch Kurskorrekturen einzuleiten.

Dirk.Walter@ovb.net

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