Organspende: Das sind die Vorschläge

von Redaktion

Allem Werben zum Trotz warten tausende Schwerkranke dringend auf Organe. Wie können mehr Spender gewonnen werden? Eine fraktionsübergreifende Gruppe um Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat einen Gesetzesentwurf eingebracht. Doch im Bundestag gibt es zwei Lager.

Berlin – Es ist eine sehr persönliche Entscheidung: Würde ich nach meinem Tod Organe für andere Menschen spenden, die vielleicht dringend darauf warten? Ganz allgemein halten das inzwischen viele für sinnvoll – schieben die vorgeschriebene klare Zustimmung dazu aber immer wieder auf. Die Folge: In Deutschland gibt es trotz allen Werbens viel zu wenig Spender. Der Bundestag will deshalb die Regeln ändern, um mehr lebensrettende Organe für Schwerkranke zu sichern. Doch wie weit kann und soll man gehen? Eine Gruppe Abgeordneter um Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat jetzt einen ersten Entwurf ausgearbeitet – ein gegensätzlicher zweiter soll bald folgen. Am Ende soll der Bundestag in offener Abstimmung entscheiden.

Der Entwurf von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Karl Lauterbach (SPD), Georg Nüßlein (CSU), Petra Sitte (Die Linke) und anderen Abgeordneten sieht vor, dass jeder Bürger nach einem Hirntod ein potenzieller Organspender sein soll – außer, er hat zu Lebzeiten ausdrücklich widersprochen. Damit bleibe die Entscheidungsfreiheit der Bürger erhalten, betonen die Unterstützer.

Bürger, die keine Organe spenden wollen, müssten dies in einem Register dokumentieren. Meinungsänderungen sollen jederzeit möglich sein. Das Gesundheitsministerium soll eine Institution damit beauftragen, ein Register aufzubauen. Die für eine mögliche Entnahme verantwortlichen Ärzte werden verpflichtet, bei dem Register anzufragen. „Das ist keine Organspendepflicht“, sagt Spahn. Er spricht von einer „doppelten Widerspruchslösung“ – das heißt, dass auch Angehörige oder dem potenziellen Spender nahestehende Personen die Organentnahme ablehnen können. Allerdings nur, wenn sie glaubhaft machen, dass der Verstorbene kein Spender sein wollte, dies aber nicht dokumentiert habe. Eine eigene Entscheidungsbefugnis von Angehörigen oder nahestehenden Personen schließt der Entwurf aus.

Der Gegenentwurf wird von Heribert Hirte (CDU), Stephan Pilsinger (CSU), Ulla Schmidt (SPD), Otto Fricke (FDP), Kathrin Vogler (Die Linke), Annalena Baerbock (Grüne) und anderen Abgeordneten unterstützt. Deren Kernanliegen: Die Organspende nach dem Tod soll eine bewusste und freiwillige Entscheidung bleiben, die nicht durch den Staat erzwungen werden darf.

Deshalb sollen Bürger ihre Haltung zur Organspende künftig bei der Abholung ihres Ausweises dokumentieren. Möglich sind Zustimmung, Ablehnung, Ausschluss beziehungsweise Auswahl bestimmter Organe und Gewebe sowie die Übertragung der Entscheidung auf eine dritte Person. Zudem wichtig: Es besteht kein Zwang zur Entscheidung.

Ein bundesweites Online-Register für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende soll errichtet werden, damit Bürger ihre Entscheidung jederzeit ändern und das auch dokumentieren können. Die Krankenhäuser sollen darauf Zugriff erhalten.

Eine zentrale Rolle kommt bei dieser Variante den Ausweisstellen zu: Sie werden verpflichtet, die Bürger mit Informationsmaterial zu versorgen und bei Abholung der Ausweispapiere zur Eintragung in das Organspende-Register aufzufordern. Sie sollen jedoch keine Beratung vornehmen. Stattdessen sollen Hausärzte ihre Patienten zur Organspende beraten und sie zur Eintragung in das Register ermuntern.

Mit der Präsentation der Pläne geht die Diskussion in die nächste Phase, bis das Parlament entscheidet. Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery hebt hervor, dass es um ein hochsensibles Thema geht. Notwendig sei „eine besonnene Diskussion mit Respekt für die Ängste und Argumente der Gegenseite“.

Der doppelte Widerspruch:

Die bewusste Entscheidung:

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