Es ist eine messerscharfe Analyse der immensen sozialen, technologischen und ethischen Herausforderungen, vor denen die Menschheit steht. Wo einem angst und bange werden könnte, da spendet der Papst in seinem Brief Mut und strahlt Optimismus aus. Das ist gar nicht wenig angesichts der permanenten Panikmache, die derzeit einen Großteil der gesellschaftlichen Debatten bestimmt. Seine Kernbotschaft: Einmischen statt verzagen, handeln statt beklagen. Und auch mal gegen den Strom schwimmen, wenn es die Überzeugung verlangt.
Eine herbe Enttäuschung hingegen dürfte das Dokument für all diejenigen sein, die sich eine Öffnung der kirchlichen Sexualmoral, konkrete Ankündigungen zu Frauen in kirchlichen Ämtern oder gar eine Lockerung des Zölibats versprochen hatten.
Um es klar zu sagen: Der Pontifex aus Lateinamerika hat für diese speziell westlichen Anliegen nur wenig Verständnis; kirchliche Selbstbespiegelung nervt ihn. Sein Augenmerk richtet sich vielmehr auf die nackten Existenzfragen in vielen Teilen des Globus: Krieg, Verfolgung, Gewalt, Flucht, Vertreibung, Armut. Auch der kirchlichen Diskussion hierzulande täte es ganz gut, mal über den eigenen Tellerrand hinauszublicken.
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