Washington – Es wird kein ganz unbeschwerter Gipfel. Wenn sich heute und morgen die Nato-Außenminister in Washington treffen, blicken sie auf 70 Jahre der Zusammenarbeit zurück. Im Hintergrund wird aber die Frage stehen, ob die Allianz noch mal 70 Jahre durchhält. Ausgerechnet die USA sorgen für Unsicherheit: Präsident Donald Trump hat mehrfach gedroht, sich aus dem Bündnis zurückzuziehen.
Zwar betonte er kürzlich, die USA stünden „mit der NATO zu hundert Prozent“. Doch seine Aussagen sind widersprüchlich. Wie steht er also wirklich zur Nato?
Zweifel an seiner Haltung säht etwa die Weigerung, Russlands Präsidenten Wladimir Putin zu kritisieren. Der denkwürdige Auftritt im vergangenen Juli in Helsinki, wo Trump Putin mehr Vertrauen schenkte als seinen eigenen Geheimdiensten, wirkte sich direkt auf die Nato aus. Während der mittlerweile verstorbene US-Senator John McCain Trumps Aussagen als „einen der schamvollsten Auftritte eines Präsidenten“ bezeichnet hatte, stellte der frühere polnische Außenminister Radek Sikorsi fest: „Wir haben keine Vorstellung davon, was Präsident Trump in einer Krise tun würde.“
Ein Satz, der auch an der Existenzfrage des Bündnisses rüttelte, dessen Bilanz sich seit der Gründung am 4. April 1949 in Washington sehen lassen kann. Seitdem wuchs die Zahl der Mitgliedsstaaten von zwölf auf 29, weitere 21 Nationen sind mit der Nato durch eine „Partnerschaft für Frieden“ verbunden. Frieden ist auch der sicher größte Erfolg der Nato. Denn einen bewaffneten Konflikt zwischen Großmächten gab es seit ihrer Gründung nicht. Dazu trug auch der Kollaps des Warschauer Paktes bei, dem Haupt-Widersacher der Allianz. Die wenigen militärischen Nato-Interventionen in Bosnien, im früheren Jugoslawien und Afghanistan waren und sind regional begrenzt.
All das wird allerdings von der heftigen Debatte um die Beiträge der Mitgliedsstaaten überlagert. Befeuert wurde diese Diskussion durch die russische Annexion der Krim im Jahr 2014. Damals setzte die Obama-Regierung auf diplomatische Initiativen gegen Moskau. Es folgten Sanktionen und das Bekenntnis der Nato-Mitglieder, mindestens zwei Prozent des Brutto-Sozialprodukts für Verteidigungsausgaben aufzuwenden.
Seit Donald Trump im Amt ist, hat die Kritik an den Nato-Partnern, vor allem Deutschland, zugenommen. Sie trügen nicht ihren „fairen Anteil“, heißt es, was zu Lasten der USA gehe. Die Klage ist nicht neu. US-Präsidenten seit Bill Clinton wiesen darauf hin. Die US-Demokraten erwähnen das Thema ebenfalls in ihrer 2016 verabschiedeten Partei-Plattform. Berlin darf also, falls sich die Machtverhältnisse im Weißen Haus ändern, keine Nachsicht erwarten.