Washington – Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat zum 70. Geburtstag des Militärbündnisses zu Geschlossenheit aufgerufen und die USA an die Bedeutung enger transatlantischer Beziehungen erinnert. „Wir haben unsere Meinungsverschiedenheiten in der Vergangenheit überwunden“, sagte er am Mittwoch in einer Rede vor dem US-Kongress in Washington. „Und wir müssen auch jetzt unsere Meinungsverschiedenheiten überwinden. Denn wir werden unser Bündnis noch mehr brauchen in der Zukunft.“ Die Nato stehe vor beispiellosen Herausforderungen.
Stoltenberg hielt die Rede kurz vor dem Beginn eines Außenministertreffens zum 70. Jahrestag der Gründung des Militärbündnisses. Die Jubiläumsfeierlichkeiten werden überschattet von dem beunruhigendem Kurs von US-Präsident Donald Trump. Dieser hatte Zweifel daran geweckt, ob die USA im Fall eines Angriffs auf einen europäischen Alliierten militärische Unterstützung leisten würden. Er drohte sogar mit einem Rückzug der USA aus dem Bündnis.
Stoltenberg mahnte in seiner mit viel Applaus bedachten Rede, die Nato sei gut für Europa und für die USA. „Die Stärke einer Nation misst sich nicht nur an der Größe ihrer Wirtschaft. Oder an der Zahl ihrer Soldaten. Sondern auch an der Zahl ihrer Freunde.“ Die vielen Freunde und Partner in der Nato zu haben, habe die USA stärker und sicherer gemacht.
Stoltenberg sagte, es gebe unter den Nato-Staaten ernste Meinungsverschiedenheiten: etwa zu Handel, Energie, Klimawandel oder dem Atomabkommen mit dem Iran. Aber das Bündnis habe es immer geschafft, trotzdem an einem Strang zu ziehen, um sich gegenseitig zu schützen.
Es war die erste Rede eines Vertreters einer internationalen Organisation bei einer Sitzung beider Kammern des US-Parlaments. Republikaner und Demokraten hatten Stoltenberg eingeladen – ein seltenes Symbol überparteilicher Zusammenarbeit.
Stoltenberg zeigte erneut Unterstützung für Trumps Forderung nach höheren Verteidigungsausgaben anderer Mitgliedsstaaten. Trumps Vize Mike Pence holte indes wieder zu scharfer Kritik an der Bundesregierung aus. Deutschland habe die stärkste Wirtschaft in Europa, weigere sich aber, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu investieren, sagte er bei einer Konferenz vor Beginn des Außenministertreffens. „Deutschland muss mehr tun.“
Der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) versicherte am Mittwoch, dass die Bundesrepublik ihre Zusagen einhalten werde, bis 2024 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. „Auf Deutschland ist Verlass“, sagte Maas. Wie Deutschland die Zusage einhalten will, ist aber unklar.
Stoltenberg schlug in seiner Rede einen Bogen von der Gründung der Nato am 4. April 1949, als zwölf Staaten Europas und Nordamerikas in Washington den Nordatlantikvertrag geschlossen hatten, bis heute. „Wir haben eine beispiellose Zeit des Friedens erlebt.“ Zugleich rechtfertigte er die Aufrüstung gegen Moskau. Die größte Verstärkung der kollektiven Verteidigung seit Jahrzehnten erfolge, um den Frieden zu bewahren. Es sei Russland, das neue Mittelstreckenraketen in Europa stationiere und die ukrainische Halbinsel Krim annektiert habe. Die Nato suche aber den Dialog mit Russland. „Wir wollen kein neues Wettrüsten, wir wollen keinen neuen Kalten Krieg.“ dpa