GEORG ANASTASIADIS
Eine Woche zum Vergessen mit bitteren Vorwürfen von den Nato-Partnern endete für die Kanzlerin wenigstens mit ein paar netten Fotos: Merkel und Obama, das Dreamteam der multilateralen Welt, für einen Moment wieder vereint. So als hätte es den Springteufel Trump nie gegeben, nicht die Zerrüttung im transatlantischen Verhältnis und auch nicht die immer heftigeren Angriffe auf Berlin.
Und doch ist etwas falsch an dem Bild ungetrübter Harmonie, das das Kanzleramt gestern zu verbreiten suchte: In der Sache teilt Obama nämlich Trumps kritischen Blick auf Germany und dessen Weigerung, seine Zusagen einzuhalten und mehr Geld für die gemeinsame Sicherheit auszugeben. Wie isoliert Merkel-Deutschland im Kreis seiner Freunde ist, zeigte sich am Mittwoch bei der Feier zum 70. Geburtstag der Nato, als US-Politiker den Partner in nie gekannter Schärfe attackierten – und keiner der Freunde Berlin zur Seite sprang. Der Kanzlerin fehlen nicht nur die Mittel für die Landesverteidigung. Ihr fehlen auch die Argumente zur Selbstverteidigung.
Bei den eigenen Wählern kommt das an. Doch die Partner sind das ewige Trittbrettfahren der Deutschen leid, ihr Moralisieren und das Gerede davon, „mehr Verantwortung übernehmen“ zu wollen. Schaut man genauer hin, ist die deutsche Politik kaum weniger egozentrisch als die amerikanische. Alleingänge, so weit das Auge reicht, vom Atomausstieg über die Asylpolitik, die gebrochenen Nato-Versprechen bis hin zum Veto für den Export gemeinsamer europäischer Waffensysteme, über das sich Paris gerade so mächtig ärgert. Nichts davon hat die Kanzlerin, die anderen so gern Multilateralismus predigt, mit den EU-Partnern abgestimmt. Die ärgern sich obendrein darüber, dass der Export-Krösus sich den billigen Euro zunutze macht, um die Märkte mit seinen Produkten zu überschwemmen. Was das anderes sein soll als gut verbrämtes „Germany First“, müssen Merkels Diplomaten den Partnern in einer ruhigen Minute noch mal erklären.
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