Neuer Ärger um Seehofers Asyl-Klage-Gesetz

von Redaktion

Justizministerium skeptisch – Innenressort will Gerichte entlasten und Verfahren beschleunigen

Berlin – Der Koalitionsvertrag ist in dieser Frage noch etwas schwammig: CDU, CSU und SPD haben verabredet, zu prüfen, wie die Asylverfahren bei den Verwaltungsgerichten „künftig zügiger durchgeführt werden können“. Jetzt hat Innenminister Horst Seehofer (CSU) dazu einen Vorschlag präsentiert. Den sehen einige in der SPD kritisch.

Bei den Verwaltungsgerichte hatten sich zu Jahresbeginn mehr als 300 000 Asylverfahren angehäuft. Seehofer will die oft langwierigen Klageverfahren abgelehnter Asylbewerber per Gesetz beschleunigen. Außerdem sollen schnellere Entscheidungen dafür sorgen, dass Migranten, die gegen ihren Asylbescheid klagen, nicht nur deshalb länger hierbleiben, weil überlastete Richter zu langsam entscheiden.

Im SPD-geführten Justizministerium gibt es aber grundsätzliche Bedenken gegen den ersten Entwurf Seehofers. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr, verhinderte das Justizministerium vor einigen Tagen, dass der Referentenentwurf in seiner aktuellen Fassung zur Stellungnahme an Länder und Verbände weitergeleitet wird.

Der für Innenpolitik zuständige stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, forderte vom Ministerium von Katarina Barley (SPD), sich nicht gegen eine zügige Beratung zu sperren. Es seien in den vergangenen drei Jahren große Anstrengungen unternommen worden, um die Dauer der Asylverfahren zu senken und damit für die Antragsteller rasch Klarheit zu schaffen. Die durchschnittliche Dauer eines neuen Verfahrens sank demnach auf inzwischen drei Monate. „Vor diesem Hintergrund darf es nicht sein, dass es durch sehr lange Gerichtsverfahren am Ende zu einer Verfestigung des Aufenthaltsstatus kommt.“

Seehofers Entwurf sieht nach Angaben aus Regierungskreisen vor, dass Grundsatzfragen zu Asylverfahren künftig durch das Bundesverwaltungsgericht für allgemeingültig erklärt werden können. Das ist bislang nicht erlaubt – und führt dazu, dass die Oberverwaltungsgerichte immer wieder über die gleichen Fragen entscheiden müssen. Denn das Bundesverwaltungsgericht ist in Asylrechtsverfahren bislang auf eine Prüfung von Rechtsfragen beschränkt.

Die geplante Erweiterung der Revisionsmöglichkeit soll auch verhindern, dass Verwaltungsgerichte in verschiedenen Bundesländern den gleichen Sachverhalt unterschiedlich bewerten. Das passiert zurzeit häufig – trotz gleicher Erkenntnisse etwa von Auswärtigem Amt und UN-Flüchtlingshilfswerk.

Besonders wenn es darum geht, ob ein Asylbewerber, der schon in einem anderen EU-Staat registriert worden ist, nach den „Dublin“-Regeln in dieses Land zurückgeschickt wird, urteilen die Verwaltungsrichter bislang höchst unterschiedlich. Während einige Richter Familien mit Kindern nicht zurück nach Bulgarien schicken, sehen andere da kein Problem.

Nicht nur Asylbewerber, deren Antrag auf Schutz abgelehnt wurde, ziehen vor Gericht. Auch Ausländer, denen das Migrations-Bundesamt nur einen „subsidiären Schutzstatus“ zuerkannt hat, klagen häufig. Denn für Flüchtlinge mit diesem Status ist es schwieriger, Familienangehörige nachzuholen.

Im vergangenen Jahr hatten nach Angaben der Bundesregierung 133 251 Asylbewerber gegen das Bamf geklagt. Die meisten von ihnen stammten aus Syrien, dem Irak und aus Afghanistan.

ANNE-BEATRICE CLASMANN

Artikel 1 von 11