Benny Gantz war die Hoffnung all derer, die sich für Israel einen pragmatisch-konservativen Kurs wünschen. Doch wie es aussieht, hat Amtsinhaber Benjamin Netanjahu beste Chancen, Premier zu bleiben. Das ist nicht völlig überraschend; seine Regierungsbilanz lässt sich, gerade in punkto Sicherheit, sehen. Eine erneute Allianz mit rechtsnationalen Kräften könnte Israel und sein liberales Selbstverständnis aber nachhaltig verändern.
Immerhin hat sich Netanjahu seinen knappen Sieg mit Zugeständnissen an die Hardliner teuer erkauft. Käme es wirklich zur Teil-Annexion des Westjordanlandes, wäre die ohnehin erschütterte Basis für Friedensgespräche mit den Palästinensern gesprengt. Daran würde auch der Friedensplan aus Washington, der bald vorgestellt werden soll, kaum etwas ändern. Außerdem droht sich der ausschließende Kurs des Landes fortzusetzen. Durch das 2018 beschlossene Nationalstaatsgesetz, das Israel als rein jüdischen Staat definiert, fühlen sich israelische Araber schon jetzt als Bürger zweiter Klasse. Zu einer liberalen Demokratie mag das nicht wirklich passen. Die Hardliner, mit denen Netanjahu koaliert, jubeln indes.
Die absehbare konservativ-nationale Koalition steht allerdings auf tönernen Füßen. Netanjahu droht sehr bald eine Anklage wegen Korruption in drei Fällen. Wenn ihm das Parlament nicht vorher – wie es sich andeutet – Immunität verschafft, wird er wohl zurücktreten müssen. Gut möglich also, dass Ex-Militär Benny Gantz nicht lange auf seine zweite Chance wird warten müssen.
Marcus.Maeckler@ovb.net