Es ist nur menschlich, wenn werdende Eltern wissen wollen, ob ihr Kind gesund zur Welt kommt. Für sie bedeutet es einen Segen, dass es medizinische Möglichkeiten gibt, wichtige Fragen früh stellen zu können. Die Debatte um Bluttests zur Erkennung des Down-Syndroms, die gestern den Bundestag beschäftigte, ist auch deshalb so sensibel, weil diese Diagnostik eine solche Option bietet. Aber gleichzeitig nur ein unvollständiges Bild.
Anders als bei der Fruchtwasser-Untersuchung wird lediglich die Trisomie 21 erfasst, nicht jedoch Varianten, die wesentlich dramatischer verlaufen und meist mit dem raschen Tod enden. Der Test erkennt also eine Erkrankung, die Menschen durchaus ein selbstständiges Leben ermöglicht, bei entsprechender Betreuung und Förderung ein Leben mit hoher Qualität. Schwieriger als für sie ist eine Diagnose in der Regel für das Umfeld.
Inklusion ist ein heikles, oft frustrierendes Thema in einer Gesellschaft, die schon damit überfordert ist, jedem Kleinkind einen Betreuungsplatz zuzusichern. An dieser Stelle wäre die Politik akuter gefragt. Tests zur Früherkennung suggerieren, es wäre nach Abwägung aller Fakten einfach, eine Entscheidung zu treffen. Das Gegenteil ist der Fall. Wenn es um das Allerwichtigste geht, das menschliche Leben, darf der Entscheidung ruhig ein langer, auch schwieriger Denkprozess vorausgehen.
Marc.Beyer@ovb.net