München – Die Grünen boykottieren die erste etwas größere Auslandsreise von Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Oppositionsführer Ludwig Hartmann sagte seine Teilnahme an der am Sonntag gestarteten viertägigen Reise nach Äthiopien ab. Er warf Söder vor, den Fokus auf Wirtschaftsförderung zu legen. „Das ist legitim – aber ich setze mich nicht in den Flieger, um zusätzliche Absatzförderung in einem Schwellenland zu betreiben, bei dem wir schon heute einen 25-fachen Außenhandelsüberschuss haben“, sagte er unserer Zeitung.
Söder plant Gespräche mit Vertretern der äthiopischen Regierung und einen Besuch im größten Flüchtlingslager des Landes. Im Camp Nguenyyiel im Südwesten leben rund 100 000 Menschen. Die meisten flohen vor dem Bürgerkrieg im Südsudan.
Dass Abgeordnete den Regierungschef begleiten, ist üblich – bei großen Reisen einer pro Fraktion. Für die kürzere Äthiopien-Tour war je ein Abgeordneter für Regierung und Opposition angefragt; so entging Söder dem Dilemma, ob ein Abgeordneter der AfD mitfahren darf. Auf parteipolitische Scharmützel wird im Ausland üblicherweise verzichtet. Die frühere Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause hatte allerdings 2014 auf einer China-Reise des Ministerpräsidenten Seehofer einen heftigen Disput ausgelöst, als sie auf eigene Faust einen Regimekritiker traf.
Hartmann wirft der Staatskanzlei vor, er habe mehrfach um ein Programm gebeten, „aber keines erhalten“. Er äußert sich generell zurückhaltend über den Nutzwert, „Ich habe meine früheren Abgeordnetenreisen evaluiert und muss feststellen: Bisweilen war der Erkenntnisgewinn äußerst gering und auch der Austausch mit dem Besuchsland auf einen sehr kleinen, herausgehobenen Kreis beschränkt.“ Das müsse aber jeder für sich entscheiden. C. DEUTSCHLÄNDER